Wuppertal Bildung ist die Visitenkarte der Region
Am Montag legt Ernst Andreas Ziegler vor den Gesellschaftern die Karten der Junior Uni offen. Es sind sehr, sehr gute.
Wuppertal. Normalerweise neigen Geschäftsführer zu einer gewissen Nervosität, wenn die Gesellschafter auf ihren Bericht warten. Bei Ernst-Andreas Ziegler ist das anders. Der Gründer der Junior Uni geht heute sehr entspannt in die Sitzung des kaufmännisch-organisatorischen Beirates. Ihm gehören die Jackstädt- und die EDE-Stifung sowie der Förderverein an. „Da legen wir dann unsere Karten offen“, sagt er leicht lächelnd. Von Nervosität ist da keine Spur.
Wer solche Karten hat, kann nicht verlieren. Was Ziegler und seine Mitgeschäftsführer vortragen werden, sind gemessen an Kursen und Teilnehmern die Fakten einer Erfolgsgeschichte. So etwas hat es in der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben. Und die Wuppertaler Macher hoffen sehr, dass bald auch eine andere Region in der Lage sein wird, dieses Husarenstück zu wiederholen oder zu kopieren.
Aber das Bergische Land musste vorangehen. Das hat Gründe. Seit Jahrzehnten bemühen sich Solingen, Remscheid und Wuppertal darum, den Strukturwandel zu meistem. Die guten Zeiten der Textil-Industrie sind lange vorbei, noch so findige Mittelständler können den Verlust vieler Tausend Arbeitsplätze nicht ganz ausgleichen. Dass es vor allem in Wuppertal in den vergangenen Jahren dennoch stetig bergauf geht, zeigt aber, dass Substanz vorhanden ist. Und es zeigt, dass an vielen Stellen aus den Veränderungen die richtigen Konsequenzen gezogen wurden. Die Entwicklung der Bergischen Universität Wuppertal ist dafür ein Beispiel. Die einst als bloße Stelle für die Lehrerausbildung verschmähte Hochschule hat ein unverwechselbares Profil entwickelt. Der Lohn ist eine steigende Studentenzahl. Mit ihr steigt die Zahl der Absolventen. Das tut der Region gut.
Bildung ist der Treibstoff der Zukunft. Das haben sie im Bergischen erkannt. Bildung ist auch die beste Sozialhilfe, die eine Gesellschaft leisten kann. Talentförderung unabhängig vom sozialen Status oder vom Einkommen der Eltern ist eine Investition, die sich in Zukunft vielfach rentiert. Eine bessere Kapitalanlage gibt es für Gesellschaften nicht.
Im Grunde war es also logisch, dass eine Bildungslandschaft so etwas wie die Junior Uni braucht. „Wer unsere Uni unterstützt, der lässt kein Talent verloren gehen und macht die Bergische Region fit für die Zukunft“, sagt Ziegler selbstbewusst. Er kann es sich leisten. Weil diese Hochschule für Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis 20 Jahren genau das beweist, seit sie 2008 gegründet wurde. Jedes Jahr schreiben sich 4000 junge Studenten ein, um Kurse in vielen verschiedenen Disziplinen zu besuchen, um ihr Talent zu fördern oder es zu entdecken. Dozenten aus Schulen, aus der Universität, aus Unternehmen verbinden die Junior Uni mit der Region und schaffen einen beispiellosen Wissenstransfer. Wenn es in Wuppertal neben der Schwebebahn einen Konsens gibt, dann sind es die beiden Universitäten.
Das belegt vor allem die Junior Uni. Denn: Sie ist aus der Gesellschaft entstanden und für die Gesellschaft gemacht. Dass für das Projekt noch nie auch nur ein Steuercent geflossen ist, macht die Geschichte rund. Die Junior Uni und ihr stadtbildprägendes Gebäude am Loh sind samt und sonders mit Spenden finanziert. Unter den Geldgebern finden sich große wie die Jackstädt-Stiftung und die E/D/E-Stiftung, Firmen wie Knipex, Barmenia, Bayer, Vorwerk, GIRA sowie die Sparkasse. Es finden sich darunter aber auch viele Kleinspender, die mit geringeren Beiträgen zum Gelingen dieses Projektes beigetragen haben. Sie alle machten möglich, dass das Unternehmen Junior Uni trotz der Millioneninvestition am Loh schuldenfrei ist. Was also sollte der Geschäftsführer Ernst-Andreas Ziegler fürchten, wenn er heute vor die Gesellschafter tritt? Nichts.
Mithin dürfte genug Zeit sein, sich über die Zukunft der Junior Uni zu unterhalten. Sie hat längst begonnen. Dass in Tobias Gerbracht (18) ein junger Dozent vor Wochenfrist den Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ gewann, ist ein weiterer Stern am Himmel der Junior Uni. Daneben glänzt die Gewissheit, dass die nächsten beiden Jahre der Junior Uni bereits zu 70 Prozent finanziert sind. Auch das ohne einen Euro aus öffentlichen Kassen.
Um ihre Rolle in der Bildungslandschaft über diesen Zeitraum hinaus spielen und ausbauen zu können, braucht die Junior Uni jedoch noch mehr wirtschaftliche und ideelle Förderung. „Jeder, der uns unterstützt, hilft mit, das Bergische Land wieder zu dem zu machen, was es Generationen lang war: Europäische Talent-, Erfinder- und Produktschmiede“, sagt Ziegler. Der Anfang ist gemacht. Bildung ist die neue Visitenkarte der Region.