Forschen für den Stromausfall

In einem EU-Projekt ermitteln Wissenschaftler der Uni die Folgen von Ausfällen in zentralen Infrastruktursystemen.

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Wenn mit einem Schlag das Licht ausgeht, der Kühlschrank warm wird und die Wohnung kalt, dann kommt kein Saft mehr aus der Steckdose. Wie gut Versorger und Verbraucher auf einen flächendeckenden Stromausfall vorbereitet sind, untersucht ein Forschungsteam vom Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit der Bergischen Universität.

Ziel des Projektes ist, die Widerstandsfähigkeit sensibler Infrastruktur-Systeme wie Energieversorgung, Nahverkehr oder Telekommunikation zu berechnen, um mögliche Risiken besser abschätzen zu können. „Bisher ging es darum, sich einzelne Risiken anzuschauen und abzuwägen. Doch es gibt Bereiche, wo das nicht möglich ist. Das gilt zum Beispiel für den Terrorismus, der eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit, aber ein hohes Schadensausmaß zeigt“, erläutert Florian Brauner als Projektverantwortlicher an der Uni Wuppertal.

Die so genannte Resilienzforschung gehe als ganzheitlicher Ansatz weit darüber hinaus. „Es geht darum. wie gut ein System vorbereitet ist und wie schnell es bei einer Störung wieder in den Normalzustand zurückfindet“, sagt Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Frank Fiedrich. Er vergleicht diese Flexibilität mit der eines elastischen Bandes, das je nach Spannung entsprechend schnell wieder in seinen Ursprungszustand zurück gleitet.

Neben der engen Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen von zentralen Infrastruktursystemen, beziehen die Wissenschaftler auch soziale Faktoren in ihre Studien mit ein. „Wir versuchen zu messen, welche Auswirkungen der Ausfall von Strom oder Verkehr auf die Gesellschaft hat“, berichtet Frank Fiedrich. Dabei greifen die Forscher auf bereits vorhandene Daten von vergangenen Ernstfällen zurück. „An dem großen Stromausfall im Münsterland 2005 lassen sich die Bedürfnisse der Menschen und ihre Widerstandsfähigkeit angesichts eines Mangels gut ablesen“, betont Florian Brauner. So könnten sich beispielsweise Bewohner eines Hofes mit einer großen Vorratskammer und einem eigenen Stromaggregat im Notfall deutlich besser selbst versorgen, als die vergleichsweise abhängige Stadtbevölkerung.

„Wir machen auch Planspiele, welche Konsequenzen große Ausfälle haben und wie die Menschen auf den Mangel reagieren. Natürlich wollen wir nicht in Wuppertal das Licht ausknipsen, um zu sehen, was dann passiert“, sagt Florian Brauner. Von den Forschungsergebnissen könnte beispielsweise der Katastrophenschutz profitieren, dem das Projekt informationen liefern kann, welche Kapazitäten er im Notfall vorhalten muss.

Eine wesentliche Rolle weisen die Forscher der zunehmenden Digitalisierung zu, die bei Lösungsansätzen neue Möglichkeiten schafft und gleichzeitig neue Risikopotenziale mit sich bringt. „Wenn wir bei dem Beispiel eines Stromausfalls bleiben, so übernehmen künftig so genannte Smartmeter die Aufgabe von Stromzählern im Haushalt. Als kleine Computer können sie mit dem Stromanbieter kommunizieren“, berichtet Florian Brauner. Bevor das Netz zusammenzubrechen droht, könnte der eine kleinteilige Steuerung vornehmen. „Er könnte also in einem Haushalt die Waschmaschine ausschalten, damit das lebensnotwendige Beatmungsgerät der pflegebedürftigen Mutter nebenan weiterlaufen kann.“

Dieser Zugriff auf kleinste Einheiten bietet jedoch neue Angriffsmöglichkeiten für externe Manipulation. Das Projekt soll den Energieversorgern einen Eindruck davon vermitteln, wie sie in den verschiedenen Bereichen aufgestellt sind, damit sie besser einschätzen können, wo sie in Zukunft investieren müssen.