Der „Blaue Enzian“ ist zurück - im Maßstab 1 : 22,5
Gut 50 Jahre nach der Jungfernfahrt des legendären Gelenkwagens haben Helmut Becker und Klaus Hoffmann ihre Miniatur fast fertig: Es fehlt nur noch der Antrieb.
Wuppertal. Wie er die abgerundeten Scheiben am „Blauen Enzian“ hinbekommen hat? Helmut Becker lächelt versonnen und wirft einen Blick auf das stattliche Modell des legendären Gelenkwagens der Wuppertaler Schwebebahn. „Mit dem Backofen“, verrät der 80 Jahre alte Modellbauer. Gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus Hoffman (73) hat der gelernte Schreiner den alten Zug zu neuem Leben erweckt — fast zwei Jahre lang, in liebevoller Feinarbeit.
Und der Backofen? Bei einer Temperatur zwischen 120 und 140 Grad wurde er kurzerhand zum Bauhelfer: Einmal darin erwärmt, passten sich die Miniaturscheiben aus Plexiglas einer darunter liegenden, bereits abgerundeten Holzform an — und mussten dann nur noch möglichst vorsichtig aus dem Ofen geholt werden — zum Aushärten.
Und das war nur ein Trick von vielen auf dem Weg zum großen Ziel: Gut fünf Kilogramm schwer sind die Modelle der historischen Schwebebahnzüge, die vor nunmehr 50 Jahren eine neue Ära des Wuppertaler Wahrzeichens eingeläutet haben. „Wenn man so will, ist das die Mutter der heutigen Schwebebahn“, erklärt Hoffmann und betrachtet den Gelenkwagen. Der Wuppertaler ist im seit vielen Jahren eingespielten Modellbauteam für die Elektromechanik zuständig: Hoffmann und Becker haben den Anspruch, fahrbereite und beleuchtete Modelle herzustellen — bis ins kleinste technische und optische Detail.
„Der Motor kommt noch“, sagt der 73-jährige Tüftler, der im Zuge der Recherchen auch alte Fotos und Zeichnungen auswertet. Die Bauteile des Antriebs werden in einer Werkstatt als Auftragsarbeit gegossen und danach eingebaut. „Und genau hier hakt es noch. Wir warten auf Teile.“
Überhaupt sei es mit der Zeit schwieriger geworden, an Komponenten zu kommen, da für die Modelle oft nur kleine Stückzahlen gebraucht werden. So wird jeder Zug zum Unikat. Selbst die Barmer Bergbahn haben Becker und Hoffmann schon nachgebaut. 120 Arbeitsstunden hat alleine Becker beim „Blauen Enzian“ in jeden Wagen investiert. Auch beim Holzbau waren die Rundungen und der „Pharaonenbart“ an der Frontpartie eine Herausforderung. „Da schlägt die Stunde der Raspel und Feile.“ Oft werden die Modellbauer gefragt, wo es diesen tollen Bausatz denn bitteschön zu kaufen gibt — ein Ritterschlag. Und beim „Blauen Enzian“ fließt immer auch Herzblut: So soll es Passagiere gegeben haben, die bewusst Züge verpasst haben, nur um danach in die fahrende Legende einsteigen zu können.