Wuppertal Der hölzerne Karl von der Gathe könnte Engels die Schau stehlen

Im Marx-Engels-Zentrum steht die Skulptur von Karl Marx.

Hermann Kopp und Künstlerin Dana van Rijssens vor der Skulptur von Revolutionär Karl Marx.

Foto: Bartsch,G. (b13)

Gesetzt und lebensklug, dabei mitten im Geschehen: So etwa wirkt der vollbärtige Neuankömmling an der Gathe. Einen Karl Marx als Holzskulptur hat die Marx-Engels-Stiftung erworben und hier am Eingang ihres Sitzes (Hausnummer 55) aufgestellt. Gut 25 Neugierige drängten sich auf dem Bürgersteig, als Stiftungschef Hermann Kopp das Werk feierlich enthüllte. Was sichtbar wurde und künftig bleibt, war ein Revolutionär auf Augenhöhe. „Ich freue mich, dass Karl sein Zuhause gefunden hat“, sagte Dana van Rijssen, die Künstlerin. Sie hatte das Werk 2018, zum 200. Geburtstag des kommunistischen Vordenkers, geschaffen und in dessen Heimatstadt Trier präsentiert. Als die in Wuppertal ansässige Stiftung davon erfuhr, nahm sie Kontakt auf - erfolgreich: „Wir sind schnell miteinander ins Geschäft gekommen“, berichtete Kopp. Der Kaufpreis war demnach durch Spenden bald finanziert.

Skulptur wies in Trier auf die Probleme der Hebammen hin

Keineswegs ist van Rijssen eine spezifisch marxistische Künstlerin. Politisch aber sehr wohl: „Meine Kunst hat in den meisten Fällen zu tun mit gesellschaftlichen Situationen.“ Der Hintergrund von „Karls“ Gang zur Gathe ist thematisch denn auch ganz unerwartet: Es ging um Hebammen. Der Berufsstand freiberuflicher Geburtshelferinnen ist neuerdings bedroht durch Versicherungspflichten, und wie sie nachher erzählt, kam sie mit einer Vertreterin einer amerikanischen Hebammenvereinigung auf eine (einigermaßen schräge) Idee, um auf den Missstand aufmerksam zu machen. Im Marx-Jubiläumsjahr sollte ein hölzerner Marx in Trier für Gesprächsstoff sorgen - das Geburtshaus des echten in Sichtweite. Erst nach Ende der Aktion also kommt der Denker in Holz nun dort zur Geltung, wo sich alles um sein revolutionäres Tun dreht: im Zentrum an der Gathe, Ort von Marx-Studien und -Veranstaltungen.

Zur Eröffnung sind auch Werke von Peter Bucker zu sehen

Zur Eröffnung gesellten sich weitere Werke. Zweiter Künstler war Peter Bucker, der auch Plattencover des politischen Barden Hannes Wader gestaltet hat. Er zeigte expressive Grafiken mit sozialkritischer Aussage; auf einer davon sprangen Menschen reihenweise in einen „Kanal“ (so auch der Titel), eine Verbildlichung von unkritischem Medienkonsum. Auch van Rijssen stellte Weiteres aus: Der Ignoranz gewidmet war eine Gruppe kleiner Holzfiguren, individuell, auch komisch gestaltet - und voneinander abgewandt. Fast detailreicher muteten sie an als der lebensgroße „Star“ des Abends, für den wenige Merkmale wie Vollbart und Mantel genügten.

Am gewaltigen Engels in Barmen, ein Geschenk der Volksrepublik China, gibt es Kritik; in seiner Monumentalität scheint er kaum angetan, hierzulande für sozialistische Ideen zu werben. Gut vorstellbar, dass nun sein bodenständiger Bruder im Geiste eher animiert, einmal den Schritt ins Marx-Engels-Zentrum zu wagen und vielleicht Aktuelles zu entdecken.

Keine Angst vor dem „Gespenst des Kommunismus?“ Mit der befremdlichen chinesischen Variante dagegen, dem Staatskapitalismus, kann jedenfalls die Schöpferin des „Gathen-Karl“ nichts anfangen: „Marx würde sich im Grab herumdrehen.“ Aus China gab es Interesse, die Statue zu kaufen, erzählt van Rijssen. Sie habe dankend abgelehnt.