Schulen In den Grundschulen blieben 57 von 103 Stellen unbesetzt

Wuppertal · Lehrermangel: Situation in Wuppertal spitzt sich an den Brennpunkten zu.

In Wuppertal konnten zuletzt 57 von 103 zu besetzenden Lehrerstellen nicht besetzt werden.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Ergebnisse der Bertelsmann-Stiftung über den akuten Lehrermangel im Land und die zunehmende Verschärfung des Problems haben für große Aufregung gesorgt. In Wuppertal deutet vieles darauf hin, dass die Lage an den Grundschulen besonderen Grund zur Sorge bereitet. Zum Beginn des Schuljahres kam es laut einer Statistik der Bezirksregierung Düsseldorf bei 103 zu besetzenden Stellen lediglich zu 46 Einstellungen. Die Zahl der unbesetzten Lehrerstellen an Grundschulen dürfte noch höher liegen, da nicht alle freien Stellen ausgeschrieben werden.

Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt weniger Teilzeitstellen. In NRW arbeitet jeder zweite Lehrer in Teilzeit, wobei der Begriff Lehrer in die Irre führt. In der deutlichen Mehrzahl sind es Lehrerinnen, die wichtige Arbeit in der Bildung und Integration an den Grundschulen leisten. Um die eigene Familienplanung und die familiären Aufgaben mit den schulischen Aufgaben in Einklang zu bringen, ist die Neigung bei Frauen besonders stark ausgeprägt, in Teilzeit zu arbeiten.

Richard Voss vom Leitungsteam der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Wuppertal hält nicht allein familienpolitische Gründe für ausschlaggebend. „Die Situation an den Brennpunktschulen spitzt sich zu. Da es viel weniger Entlastungsstunden für die Lehrer gibt, wächst die Arbeitsbelastung. Immer mehr Lehrer wählen von vorne herein Teilzeit, weil sie glauben, nur so das Pensum schaffen zu können“, sagt Richard Voss. „Teilzeit ist ein gutes Recht aller Arbeitnehmer“, sagt er und befürchtet nachteilige Effekte, sollte die Landesregierung bei der Teilzeit den Hebel ansetzen, um gegen den Lehrermangel an den Grundschulen vorzugehen.

Richard Voss fordert stattdessen, dass die Grundschullehrer die gleiche Bezahlung erhalten wie die Lehrer an den Gymnasien oder Gesamt­schulen. In diesem Punkt ist er sich mit Schuldezernent Stefan Kühn einig, der auf die große Bedeutung der Vermittlung der schulischen Grundlagen bei den jüngsten Schülern hinweist. „Die Grundschullehrer durchlaufen die gleiche Ausbildung an den Universitäten wie die Lehrer der weiterführenden Schulen und leisten besonders wertvolle Arbeit“, sagt Stefan Kühn.

Durch häufige Wechsel
fehlt die Bezugsperson

Die Lücken im Lehrerzimmer können mit Bachelor-Studenten, die befristet eingestellt werden, nur provisorisch gestopft werden. Für die Kinder wirkt sich der Lehrermangel in der Praxis auf verschiedenen Ebenen negativ aus. Bei häufigem Lehrerwechsel durch Vertretungsdienste fehlt den Schülern oft eine Bezugsperson, die sie in den ersten Schuljahren begleitet. Das kann vor allem an sogenannten Brennpunktschulen zum Problem werden, wo die Lehrer häufig mit den Problemen im Elternhaus der Kinder konfrontiert werden. Und da Grundschullehrer händeringend gesucht werden, haben sie die Auswahl, an welcher Schule sie arbeiten. Dass die Wahl bei vielen Lehrern auf Schulen in Stadtteilen fällt, die weniger soziale Probleme aufweisen, erklärt die unterschiedliche Verteilung des Lehrermangels.

Die Reaktion des NRW-Schulministeriums trägt nicht zur Beruhigung bei. Aufgrund aktuellerer Daten habe das Ministerium selbst einen deutlich größeren Lehrerbedarf ermittelt als in der Bertelsmann-Studie angegeben. Diese Herausforderungen stellen die Stadt auch aufgrund fehlender Gebäude vor riesige Aufgaben. „In den kommenden zehn Jahren werden wir 450 Millionen Euro in den Bau von Schulen und Kindergärten investieren“, kündigt Stadtdirektor Johannes Slawig an.