Der letzte Rundgang durchs Präsidium

Es war Folterstätte der Nazis, Übergangs-Rathaus und Heimat der Ordnungshüter: Michael Okroy zeigte die Geschichte des Polizeipräsidiums.

Das in den 1930er Jahren erbaute Präsidium (Luftaufnahme) diente unter anderem als alliierte Kommandozentrale nach dem Zweiten Weltkrieg.

Foto: Uwe Schinkel/Archiv (2)

Unterbarmen. Könnten Steine sprechen, so hätten die, aus denen das gewaltige Polizeipräsidium an der Friedrich-Engels-Allee erbaut wurde, eine Menge zu erzählen. Dort folterte in den Jahren des Zweiten Weltkrieges die Gestapo des Nazi-Regimes ihre Opfer. Dort war nach 1945 sowohl das Hauptquartier der Besatzungstruppen als auch das provisorische Rathaus, in dem der SPD-Mann Robert Daum zum ersten demokratischen Oberbürgermeister Wuppertals nach dem Krieg gewählt wurde. Dort wurden im sogenannten Bialystok-Prozess Kriegsverbrecher abgeurteilt, und auf der Straße vor dem Haus schrien im Winter 1947 zehntausend notleidende Wuppertaler bei einer Demonstration ihren Hunger heraus.

Zudem tagte dort der Stadtrat in seiner ersten Nachkriegs-Sitzung.

Foto: Uwe Schinkel/Archiv (2)

Diese und viele andere Episoden wusste am Montagabend der Historiker Michael Okroy bei eieiner Führung durch das Präsidium zu erzählen. 40 Besucher nahmen Teil — denn es war ein besonderer Rundgang: Weil das 1939 fertiggestellte Präsidium (siehe Kasten) bald saniert wird, werden auf absehbare Zeit keine Führungen mehr im „Haus der 1000 Zimmer“ stattfinden.

Historiker Michael Okroy erläuterte seinen Besuchern die wechselvolle Geschichte des Präsidiums.

Foto: Uwe Schinkel/Archiv (2)

Seit 1985 steht das Präsidium unter Denkmalschutz — „wegen seiner Architektur sowie Bedeutung als einzigartiges Zeitdokument“, wie Okroy betonte. Sicht- und nahezu greifbar wird die Geschichte des Hauses etwa am gewaltigen Wandgemälde „Die Neue Zeit“ — das Werk des Historienmalers Hans Kohlschein feiert im Geist des Nationalsozialismus die kommende patriotische Elite des damaligen Deutschen Reiches. „Nix good“ und „kaput“ lauten Einschriften, die Besatzungssoldaten nach Hitlers Niederlage auf dem Bild hinterlassen haben.

Dieses Bild und zahlreiche andere künstlerische Elemente aus der Erbauungszeit, etwa Mosaike und andere Gemälde, sollen auch nach der Sanierung des Präsidiums erhalten bleiben, wie Okroy erläuterte — sie spiegeln zwar einen aus heutiger Sicht bedenklichen politischen Geist wider, sind so aber zugleich lehrreiches Anschauungsobjekt.

Saniert werden hingegen bei laufendem Betrieb des Präsidiums die Bereiche Brandschutz, Wärmedämmung und die Büros der Beamten. Auch die alten Fenster sowie die historischen Oberlichter müssen dann weichen — Denkmalschutz hin oder her. Denn aus energetischen Gründen sind sie ein horrender Kostenfaktor für die öffentliche Hand.