"Der Mann, der wirklich liebte" wohnt jetzt in Wuppertal
Michael Röhrdanz zog vor zwei Monaten ins Tal. Zuvor kämpfte er lange um das Leben seiner schwerkranken Frau. Hera Lind hat seine Geschichte aufgeschrieben.
Langerfeld. „Heute bin ich wieder rundum glücklich.“ Als Michael Röhrdanz diese Worte sagt, schaut er zufrieden durch das große Wohnzimmerfenster in den Garten. Seit zwei Monaten wohnt der 67-Jährige gemeinsam mit seinen beiden Enkelkindern Maurice und Leon sowie seiner Lebensgefährtin Diana in Langerfeld. „Es gefällt mir hier. Ich möchte nur noch unbeschwertes Leben führen und möglichst lange für meine beiden Enkel da sein.“
Die Unbeschwertheit von Michael Röhrdanz wurde in der Vergangenheit mehrfach auf eine harte Probe gestellt. Am 19. Oktober 1989 drohte seine Welt sogar völlig aus den Fugen zu geraten. An diesem Tag erhält der gelernte Verlagskaufmann im Büro einen Anruf von seiner damals 29-jährigen Ehefrau Angela, die im dritten Monat mit dem fünften Kind schwanger ist. Es stellt sich heraus, dass sie einen schweren Hirnschlag erlitten hat. Die vernichtende Diagnose lautet: Locked-in-Syndrom. Angela Röhrdanz ist fortan fast komplett gelähmt und unfähig, sich verständlich zu machen. „Sie war gefangen im eigenen Körper. Mediziner gaben ihr drei Wochen zu leben. Auch dem Säugling wurden keine Chancen eingeräumt“, berichtet Michael Röhrdanz.
Damit findet sich der Ehemann nicht ab. Fortan kämpft er um das Leben seiner Frau und das des ungeborenen Kindes. Er besucht sie fast täglich, macht ihr Mut, liest ihr vor. Acht Monate kämpft sich Angela Röhrdanz tatsächlich Stück für Stück die Kontrolle über ihren Körper zurück. „Zunächst konnte sie eine Fingerkuppe bewegen, dann die Hand und so ging es immer weiter.“ Auch Sohn Patrick — heute 21 Jahre alt — wird 1990 kerngesund geboren. Laut Michael Röhrdanz sprechen die Ärzte von einem Wunder. Sechs Jahre nach dem Schlaganfall ist seine Frau wieder gesund und kann selbstständig am täglichen Leben teilnehmen. „Seitdem glaube ich daran, dass Liebe Berge versetzen kann“, sagt der gebürtige Düsseldorfer.
Dieser Glaube wurde auch nicht durch das tragische Ende der Geschichte erschüttert: Als sie 2008 gerade aus der Reha zurück ist, verstirbt Angela Röhrdanz mit 47 Jahren am 13. Januar plötzlich an einem geschädigten Herzen und Nierenversagen. „Ein schwerer Grippevirus war nicht rechtzeitig behandelt worden“, erklärt der Ehemann.
Für Röhrdanz ist der Umzug von Monheim, wo er mit seiner Familie viele Jahre wohnte, nach Wuppertal gleichbedeutend mit einem neuen Lebensabschnitt: „Ich wollte die Vergangenheit hinter mir lassen.“
Um die Erinnerungen an den gemeinsamen Kampf mit seiner Frau niemals zu vergessen, schrieb der 67-Jährige die Geschichte seiner Frau über die Jahre hinweg nieder. 2009 sendete er diese Zeilen an Hera Lind — der Lieblingsautorin seiner Frau. Wenige Monate später hatte Lind mit der Unterstützung von Michael Röhrdanz aus dem Stoff das Buch „Der Mann, der wirklich liebte“ (siehe Kasten) geschrieben, das in Zukunft auch verfilmt werden soll. „Nachdem wir uns im Frühjahr 2009 zum ersten Mal getroffen haben, hat mir Lind immer ein paar fertige Seiten geschickt, damit ich meine Meinung äußern konnte“, erinnert sich Röhrdanz.
Kurz nach der Veröffentlichung des Buches, in dem lediglich die Namen der Kliniken und Ärzte verändert wurden, erhielt der 67-Jährige zahlreiche Zuschriften. „174 Frauen haben sich bei mir gemeldet und geschrieben, wie sehr sie die Geschichte bewegt hat“, berichtet er. Darunter war auch seine jetzige Lebensgefährtin Diana, für die er nun nach Wuppertal gezogen ist.
Am Ende ist Hera Linds Buch für Michael Röhrdanz ein schönes Vermächtnis seiner Angela: „So lebt sie für mich und meine Kinder weiter, und ihre Geschichte soll den Menschen Mut machen.“