Städtedreieck „Der Stachel muss weg“

Im Gespräch Remscheids Oberbürgermeister wirbt für mehr Gemeinsamkeit im Bergischen Land und plädiert für eine vernetzte Entwicklung der Region. Beispiele dafür hat er, aber nicht mit Wuppertal und Solingen.

Foto: Sieber, Michael(Sieber, Michael)

Von Lothar Leuschen

Auf eines hat Burkhard Mast-Weisz schon lange keine Lust mehr: auf Streit, auf den ewigen, mehr oder weniger unterschwelligen Zwist mit Wuppertal, der Stadt, in der er seit mehr als 30 Jahren lebt. Burkhard Mast-Weisz ist in Bielefeld geboren, in Wuppertal zu Hause und im Bergischen Land heimisch. Außerdem ist der Sozialdemokrat Oberbürgermeister von Wuppertals Nachbarstadt Remscheid. Aber von ungetrübter Nachbarschaft kann keine Rede sein. Der Einzelhandel spaltet die Region. Das Vorhaben, in Remscheid-Lennep ein sogenanntes Design-Outlet-Center (DOC) zu errichten, treibt einen Keil zwischen die Rathäuser.

Denn gleichzeitig plant der Wuppertaler Investor Uwe Clees, in der ehemaligen Bahndirektion am Döppersberg einen DOC-ähnlichen Fabrikverkauf hochwertiger Waren aus Überproduktion oder aus zurückliegenden Kollektionen zu eröffnen. Dabei weiß er die Stadtverwaltung und sehr viele Politiker in der Stadt hinter sich. Die Unterstützung geht soweit, dass Wuppertal gegen das DOC in Lennep klagt, um dessen Bau so zu verzögern, dass Clees mit seinen Plänen als erster über die Ziellinie geht. „Der FOC-Stachel muss weg“, sagt Mast-Weisz. Der Streit quält ihn. Die Klagen gegen sein Projekt verzögern den Baustart. Gleichzeitig tritt Clees mit seinen FOC-Plänen am Döppersberg auf der Stelle. Zu diesem Projekt äußert Mast-Weisz sich ausdrücklich nicht. Aber es ist auch so für jeden Passanten sichtbar, dass die Bundesbahndirektion von einem Outlet-Center so weit entfernt ist, wie der Wuppertaler SV vom Finale der Champions League.

Dennoch sähe Mast-Weisz es gern, dass Wuppertal seine Klage gegen Remscheid zurückzieht. „Ich habe keine Lust mehr auf schlechte Geschichten. Ich will Gemeinsamkeit“, sagt er und bietet den Nachbarn Wuppertal und Solingen Partnerschaft an. „Der zweitwichtigste Arbeitsplatz entsteht für mich als Remscheider OB immer in Wuppertal oder Solingen.“ Wenn er morgens ins Rathaus fahre, starte er in Vohwinkel, fahre durch Solingen und erreiche dann Remscheid.

Für sich selbst ist Mast-Weisz das Paradebeispiel eines Menschen im Bergischen Land. Die Städte gehen ineinander über, jeder Zwist, jeder Streit, jede rechtliche Auseinandersetzung schadet mithin auch jeder der drei Städte gleichermaßen. „Ich glaube, die Menschen im Bergischen wollen etwas, worauf sie gemeinsam stolz sein können“, sagt der 62 Jahre alte Politiker. Beispiele gebe es bereits, die Bergische Universität etwa, die Junior Uni und auch der Bergische HC, der die Handball-Bundesliga erobern will. Weitere sollen folgen, wenn es nach Mast-Weisz geht.

Er plädiert beispielsweise für eine vernetzte Regionalentwicklung, damit Arbeitsplätze eben eher im Städtedreieck entstehen und nicht in Düsseldorf oder im Kreis Neuss. Wie das geht, will Remscheids OB künftig im Zusammenspiel mit Hückeswagen und Wermelskirchen vormachen. Die drei Städte haben Grundstücke, die sie gemeinsam vermarkten, um sich den Erlös nach einem vereinbarten Schlüssel zu teilen.

Für die drei Bergischen Großstädte ist das noch Zukunftsmusik. Aber eine Etappe auf dem Weg dorthin könnte das DOC in Lennep sein. Mast-Weisz rechnet mit bis zu zwei Millionen Besuchern im Jahr. „Ich lade unsere Nachbarn ein, dieses Potenzial zu nutzen und für sich zu werben. Wer in Lennep einkauft, kann sich danach leicht auch Wuppertals wunderschöne Sehenswürdigkeiten anschauen“, sagt Mast-Weisz und schlägt dafür neben öffentlichen Verkehrsmitteln einen regionalen Bustransport-Service vor.

Die Entwicklung des Bergischen Landes ist für den Remscheider OB eine Frage der Haltung. Deren Ziel könne nur sein, dass die Städte im Bergischen Land vereint auftreten. „Wir sind 630 000 Menschen, das sind mehr als in Essen. Wir sind größer als Düsseldorf. Wir können gemeinsam sehr viel erreichen. Aber der Stachel muss weg.“