Der Steinbruch, der mal Räuberhöhle war

Die Untergrund-Forscher waren in der Nähe der A 1 unterwegs. Gerüchteweise nutzte Carl Biebighäuser das Areal als Versteck.

Foto: Stefan Fries

Südhöhen. Versteckt liegt der Eingang, und wer ihn nicht kennt, wird ihn gar nicht erst finden, so zugewachsen ist er. Um die paar Meter hoch zu kommen, sind Kletterkünste gefragt — und Gelenkigkeit, um sich anschließend durch die Öffnung zu quetschen. Wilfried Fischer und Dennis Issel sind wieder in ihrem Element. Bunker, Stollen, Schächte — die beiden sind gerne unter Tage in Wuppertal unterwegs. Das, was sie diesmal in der Nähe der A 1 — den genauen Standort wollen sie nicht öffentlich machen — begutachten, wirkt auf den ersten Blick wie eine Höhle. Eine ziemlich große.

Dank der starken Taschenlampe, die die beiden Hobbyforscher mitgebracht haben, lässt sich das Innere zumindest etwas beleuchten. „Was hier wohl mal los war?“, fragt sich Fischer laut, angesichts der Szenerie. Felsbrocken liegen auf dem Boden verstreut, so große, dass der bange Blick doch schnell an die Decke fällt, ob nicht bald der nächste ’runterkommt.

Sieht aber alles sicher aus. Weiter im Hintergrund, wo Issel gerade über ein paar dicke Brocken kraxelt, ist eine Aussparung in der Wand zu erkennen. „Für den Tresor“, sagt Fischer. Ein Schatz? „Nee“, sagt der Wuppertaler lachend. „Eher für das Dynamit.“ Damit, so sieht es jedenfalls aus, wurde das Gestein gesprengt.

Doch sind das alles nur Vermutungen. Viele Infos hat Fischer meist nicht, wenn er und seine Mitstreiter sich in die Unterwelt begeben. Unterlagen gibt es oft nicht mehr, weil vieles im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde. Fischer selbst kennt das Areal aus seiner Jugend. „Das habe ich beim Rumstöbern damals gefunden.“

Etwas Licht ins Dunkel, zumindest was die Historie dieser Höhle angeht, bringt Günter Urspruch. Nein, mit dem sogenannten Reichsautobahnstollen, an den Fischer sich erinnerte, habe die Höhle mit großer Wahrscheinlichkeit nichts zu tun. „Der lag woanders“, erklärt Urspruch im Gespräch mit der WZ. „Das hier war ein Steinbruch.“ Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts seien dieser und die anderen in der Gegend genutzt worden. Das würde zumindest den Tresor erklären.

Wobei auch Urspruch einschränkt. Vieles, was er zu dem Steinbruch sagen könne, beruhe nur auf Hörensagen. So habe, heißt es zum Beispiel, Räuberhauptmann Carl Biebighäuser die Höhle zeitweise als Versteck genutzt, als er von seinen Raubzügen im Bergischen Land zurückkehrte. Gut 150 Jahre müsste das her sein. Ob es stimmt? Urspruch lacht. „Das wird zumindest erzählt.“ Auch der 72-Jährige hat die Geschichte als Kind gehört. Später wurde der Steinbruch ein Baulager, allerdings wohl nicht für die Autobahn, sondern für die Landesstraße. Und Sinti und Roma sollen, so lauten zumindest Gerüchte, vor Jahrzehnten auch mal das Areal bewohnt haben.

Dass die Höhle überhaupt einmal genutzt wurde, lässt sich heute nur noch erahnen. „Hier sieht’s noch genau so aus wie damals, als ich das erste Mal hier war“, sagt Fischer und fügt dann an: „Nein, nicht ganz. Der eine oder andere Stein von oben ist vielleicht noch dazugekommen.“ Und, stellt er klar, mit dem Bernsteinzimmer, das Fischer & Co. bekanntlich in Wuppertal vermuten, habe der Steinbruch auch nichts zu tun. „Das ist einfach eine spannende Höhle“, sagt er, während er ein Foto nach dem anderen schießt.