Der Werth in Feierlaune

An vier Tagen tobt die Barmer City und beweist, dass sie sich aufs Feiern versteht. Auch das Wetter hat dieses Mal mitgespielt.

Wuppertal. Crash bei Vollgas, noch dazu mit dem Polizeiwagen. Kein Beinbruch für Lisa, sie hat ohnehin keinen Führerschein und genießt die ungebremste Karambolage im Minicart. Gleich nebenan streut das Duo "One Journey" aus Irland seinen musikalischen Kommentar ein: "Go, Johnny, go!"

Das bunte Kontrastprogramm gibt die Würze zu "Barmen live", dem diesjährigen "Fest mit alles", das nach dem Schauderwetter im vergangenen Jahr glücklicherweise die Sonne auf seiner Seite hat. Bei vier Tagen Trubel rasselt es tatsächlich im Karton - die Barmer Innenstadt läuft zur Hochform auf. Zu wünschen bleibt nur, dass König Kunde langfristig eine Lehre daraus zieht und Barmens Stärken als Einkaufsziel klarer erkennt.

Dass der Stadtteil zu feiern weiß, steht spätestens seit Donnerstag außer Frage. "Kein Durchkommen mehr", resümiert Matthias Wewer von der IG City Barmen, der sich nach der Eröffnungsansprache gegen den Strom zu seinem Schmuckgeschäft vorkämpfen wollte. Nun freut er sich auf die heiße Phase, wenn heute ab 21 Uhr der Top-Act "The Magic Orchestra - Electric Light Orchestra Revival Band" auf der Bühne des Johannes-Rau-Platzes stehen wird.

Unterdessen kocht der Stadtteil im Einkaufsfieber. "Keine Zeit, bin gerade beim Shopping", wehrt eine voll bepackte Passantin die Frage nach ihren Festeindrücken ab. Verkäuferin Ronja Scholz kann zwar eine Minute erübrigen, erweist sich aber als ziemlich unentschlossen: "Ich finde das Fest ein bisschen einfach gestrickt, weiß aber auch nicht, was man besser machen könnte."

Im krassen Kontrast zu den enormen Besucherzahlen steht die Äußerung von Thomas Henning: "Über Barmen kann ich nichts Positives berichten. Das Fest ändert wenig daran. Das Problem ist nun mal, eine sterbende Stadt zu retten." Mehr Kunsthandwerk würde er sich bei den Verkaufsständen wünschen, doch immerhin Sohn Rudi Henning ist rundum zufrieden. Dann fällt auch dem Vater ein, dass noch gute Bühnenattraktionen warten, die er bloß nicht versäumen will.

So klafft zwischen Image und Realität eine gewaltige Lücke - insofern kein auffälliges Phänomen in Wuppertal, sondern Spiegel der geläufigen Widersprüche, die sich auch in Bildern niederschlagen. Vor dem Rathaus knallen bei einer Hochzeit die Sektkorken, während sich nebenan die Hungrigen um "Produkte aus Apulien" drängen. "Hier spielt die Musik, wo wollt ihr den hin?", ruft eine CD-Verkäuferin. Wie es aussieht, geht es zur Bühne: Friseur "Rapunzel" hat eine Gerüst aufgebaut und bietet Haarschnitt vor dem staunenden Publikum in abenteuerlicher Höhe. Frisch gekämmt, steigt Karin Brink herab und ist überrascht: "Wenn man da oben sitzt, fühlt man sich doch seltsam, dass alle auf die Haare starren."