Sträter: "Die Menschen hier sind die Exzellencen des Bergischen."

Friedhelm Sträter ist jetzt seit zehn Jahren Präsident der IHK.

Herr Sträter, Sie sind jetzt seit zehn Jahren Präsident der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid. In zwei Jahren endet die aktuelle Präsidentschaft. Sind Sie zufrieden mit ihren Ergebnissen, mit der Fokussierung auf die Regionalisierung? Friedhelm Sträter: Dieses Ehrenamt hat mir sehr viel Freude gemacht - und ich habe sehr viel gelernt. Dabei habe ich auch über den Rand des Kammerbezirks schauen dürfen, die Erkenntnisse über den Wirtschaftsraum in eine Strategie umsetzen können, um die Region im Umfeld zu positionieren. Die regionalen Partner hatten in den vergangenen Jahren mitunter den Eindruck, die IHK und insbesondere Sie als Präsident machten enorm viel Druck. Stimmt das? Sträter: Ich stehe nicht morgens auf und sage, dass ich jetzt politisch Druck mache. Aber die IHK ist natürlich eine Interessensvertretung der Wirtschaft, um diese Interessen auch umzusetzen. Meine Aufgabe ist es, das zu steuern. Diese Interessenvertretung habe ich vom ersten Tag an wahrgenommen, eben um eine Positionierung des Städtedreiecks im umgebenden Konzert mit Rheinschiene und Ruhrgebiet vorzunehmen. Das geschieht in Phasen. Und zu denen gehört auch das Erschrecken und Durchschütteln. Laut Konjunkturumfrage sind die bergischen Unternehmer so optimistisch gestimmt wie nie zuvor. Liegt das nur an der Weltkonjunktur?Sträter: Wir haben eine relativ depressive Phase hinter uns. Da kommt dann auch mal ein Hoch. Ich muss aber gestehen, wir wissen noch nicht, ob wir wirklich Grund für diesen Optimismus haben. Das ist jetzt noch vor allem ein gefühlter Optimismus. Das Jahr ist noch nicht zu Ende. Und über die Tarifabschlüsse kann ich mich überhaupt nicht freuen. Und längst nicht alle Firmen können Konjunktur melden. Wie viel Wachstum braucht das Bergische denn eigentlich, damit sich auch positive Ergebnisse für den Arbeitsmarkt einstellen?Sträter: Wir sind hier im Bergischen Land in schwierigen Geschäftsfeldern zu Hause, weil es eine weltweite Konkurrenz gibt. Die positive Nachricht ist, dass wir uns in diesem Konzert behaupten - mit einer ungeheuren Kraftanstrengung. Wirtschaft in den drei Städten ist schwierig, hat aber Boden. Der muss jedoch nicht zwingend golden sein. Die Flexibilität und der Ideenreichtum der leitenden Menschen gibt mir aber Hoffnung. Was sind die Exzellencen, mit denen das Bergische Ihrer Ansicht nach wuchern sollte?Sträter: Das sind genau die Menschen, die hier sind. Mit ihren Eigenschaften wie Beharrlichkeit, Durchsetzungsvermögen, dem Sich-Darstellen-Können, dem Formempfinden. Und das sind die hervorragend aufgestellten Unternehmen. Überlegungen auch von Ihnen zu einer bergischen Großstadt haben für viele Irritationen gesorgt. Bleiben Sie denn bei der Vorstellung, solch eine Mega-City sei die einzige Möglichkeit, sich zu positionieren?Sträter: Der Gedanke der Mega-City war ein schönes Konstrukt, um auf die Probleme aufmerksam zu machen. Für mich persönlich ist das weiterhin eine denkenswerte Vorstellung. Ich halte mich aber an die Beschlüsse der Vollversammlung, wonach wir alles dafür tun müssen, den Wirtschaftsraum zu fördern und zu gestalten. Und wenn die Menschen gar kein Interesse an solch einer Großstadt haben und eher sublokale Befindlichkeiten pflegen?Sträter: Wir müssen dahin gehen, wo die Menschen sind: In Vereine, Ortsteile, Parteien, Firmen und Kirchengemeinden. Das ist ein Prozess. Dafür brauchen wir ein paar Jahre Zeit. Außerdem will ich ja nicht etwa dem Cronenberger sein Platt nehmen. Es geht ja gar kein Lokalkolorit verloren. In diesem Zusammenhang haben zum Beispiel die Wuppertaler Bürgervereine viele Sympathiepunkte bei mir gemacht. Was versprechen Sie sich von der regionalen Entwicklungsagentur?Sträter: Wenn die Akteure es fertig bringen, die Agentur so zusammenzusetzen, dass sie das Bergische fit für den Wettbewerb macht, ist das eine der wichtigsten Entscheidungen der vergangenen Jahre. Über die Qualität der Kontakte zwischen bergischer Uni und bergischer Wirtschaft sind sich offenbar nicht alle Akteure einig. Wie schätzen Sie das Verhältnis ein?Sträter: Wir sind ein enger Gesprächspartner der Uni und wollen das bleiben, auch wenn wir uns nicht instrumentalisieren lassen. Wir werden die Uni kritisch, aber mit großem Wohlwollen begleiten. Das Bergische als Gründungsregion. Gibt es weitere Überlegungen, dieses Profil zu schärfen?Sträter: Die IHK hat gerade erst zusätzliche Aufgaben in den so genannten Starter-Centern übernommen. Die Region hat zudem durchaus das Potenzial für Start-Ups. Und ich muss ja nicht in Wuppertal studiert haben, um hier zum Beispiel als Werkzeugkonstrukteur zu arbeiten. Das ist bei Lehrern ja auch so. Wuppertal denkt darüber nach, einen Ausbildungsplatzbonus einzuführen und ausbildende Betriebe bei der Auftragvergabe zu bevorzugen. Was halten Sie davon?Sträter: Das lässt die Wirtschaft kalt. Ich habe nichts dagegen und keine Argumente dafür. Es gibt ja genau zwei Gründe für die Firmen auszubilden. Das sind die Verantwortung und der Bedarf nach Fachkräften. Geht es nach dem Willen des Landes NRW, so stehen in Wuppertal solche Projekte wie FOC, Ikea, Entwicklung des Frowein-Geländes und Umzug von Real vor dem Aus. Kann solch ein investitionshemmendes Regelwerk zum Schutz der Innenstädte der richtige Weg sein?Sträter: Ich bin für die Freiheit kaufmännischer Betätigung. Gleichwohl gibt es aus gutem Grund auch Vorgaben. Über künftige Handelsformen allerdings müssen wir viel offener diskutieren. Nun steht zum Beispiel die Autobahn in FOC in Roermond kurz vor der Vollendung. Dann kommen Sie kreuzungsfrei vierspurig in ein Einkaufszentrum. Und es gibt keine Käufergruppe, die nicht mit vier Tüten an den Händen wieder heimfährt. Sich ständig hinter Gesetzen zu verstecken, ist also ein Fehler. Denn dann saugt der Wettbewerb irgendwann die Kaufkraft aus der Region ab. Zum Beispiel die Stadt Wuppertal hat sich die Unternehmerfreundlichkeit groß auf die Fahne geschrieben. Auch in Sachen Familienfreundlichkeit tut sich etwas. Merken Sie etwas davon, dass sich die Stadt mausern möchte?Sträter: Mir wäre es ja lieber gewesen, die drei Oberbürgermeister hätten gemeinsam für die Region um mehr Unternehmerfreundlichkeit gekämpft. Grundsätzlich sind das gute Aktionen. Halten Sie eine weitere Präsidentschaft für möglich?Sträter: Nein. Wenn ich jetzt für die Nachfolge in zwei Jahren niemanden präsentieren kann, habe ich etwas grundsätzlich falsch gemacht. Ich werde aber nach meiner Amtszeit eventuell noch im Präsidium bleiben, um die Funktionen im Präsidium der Kammervereinigung NRW als Vizepräsident und die Vorstandstätigkeit im DIHK weiter wahrnehmen zu können.