Kirche in Wuppertal „Die Menschheit kann sich ohne die Hilfe der Frauen nicht entwickeln“

Der Runde Tisch der Religionen in Wuppertal diskutierte über „Darf Frau das?“

Duaa Aresmou (vorne), Patrizia Cippa, Claudia Mohadjeri und  Armando Simon-Thielen (hinten v.l.).

Foto: Fries, Stefan (fri)

Knapp 40 Menschen waren zur Veranstaltung „Vielfalt – viel Wert“ des Runden Tisches der Religionen in Wuppertal zum Thema „Darf Frau das?“ gekommen. Man sollte meinen, dass es ihnen um einen wertschätzenden Meinungs- und Informationsaustausch ging. Stattdessen erhoben sich im Katholischen Stadthaus bald die Stimmen, empörte Zwischenrufe und emotionale Statements prägten die Diskussion. Obwohl Vertreter von vier Religionen auf dem Podium saßen, fokussierte sich die Debatte auf die Freiheit der Frau im Islam. Die beiden Moderatorinnen Mandana Vadegan und Sherlin Fallah hatten Mühe, die Besucher immer wieder zu beruhigen.

Armando Simon-Thielen als Vertreter des Judentums und Claudia Mohadjeri von der Bahá‘í-Gemeinde hatten da kaum noch etwas zu melden. Wobei Simon-Thielen einige wichtige jüdische Frauen der älteren und neueren Geschichte vorstellte und Claudia Mohadjeri ihre emanzipierte Religion präsentierte: „Wichtig ist, dass wir gemeinsam an einem Ziel arbeiten: Friede und Gerechtigkeit für alle“, betonte sie. „Die Menschheit kann sich ohne die Hilfe der Frauen nicht entwickeln.“

Patrizia Cippa, Katholische Leiterin der Jugendseelsorge, verwies in ihrem Anfangsstatement darauf, dass Religion von Entwicklung geprägt sei. Duaa Aresmouk hingegen war der Meinung, dass der Islam keine Entwicklung brauche: „Er ist für mich das gerechteste und sozialste System seit Anbeginn. Es gibt nur Menschen, die das anders interpretieren.“ Schon die Frauen der Propheten seien Gelehrte gewesen, die gefragt und gehört wurden.

Diskussion ging nach dem
offiziellen Ende weiter

Die Ärztin nahm ihren eigenen Lebenslauf als Beispiel dafür, dass Frauen im Islam alle Freiheiten haben: Ihr eigentliches Lebensziel sei es gewesen, sich als Hausfrau und Mutter um die Kinder zu kümmern. Wegen einer Scheidung musste sie dann für das Familieneinkommen sorgen und ist heute als Ärztin Chefin von 110 Mitarbeitern. „Warum müssen wir über die Freiheit der Frau und das Kopftuch diskutieren? Ich möchte nicht in eine Rolle gedrängt werden!“ Eine junge muslimische Besucherin pflichtete ihr bei: Es sei nicht erstrebenswert, wenn beide Eltern arbeiten und die allein gelassenen Kinder verwahrlosen.

Ein Besucher wollte wissen, wie die anwesenden Muslime die Sure 4:34 aus dem Koran sehen, in der es heiße, dass die Männer über den Frauen stehen und diese bei Ungehorsam schlagen dürfen. Daraufhin brach eine emotionale Debatte aus. Zum einen rügten einige Muslime den Besucher, weil er eine falsche Übersetzung vorgebracht habe. Passender seien Übersetzungen wie „Die Männer stehen vor den Frauen“ oder „Die Männer stehen für die Frauen ein“. Gemeint sei, dass die Männer finanziell für ihre Frauen sorgen und sie im Kriegsfall verteidigen müssten.

Gleichzeitig warfen Muslimische Teilnehmer den Medien vor, immer nur über einzelne negative Beispiele, etwa von Ehrenmorden, zu berichten und damit die öffentliche Meinung zu prägen. Und wenn tatsächlich Muslime ihre Frauen oder Töchter einschränkten, dann seien das „Leute, die den Islam gar nicht kennen, den Koran nicht gelesen haben“. Eine Muslimin mischte sich in die erregte Diskussion ein und forderte, über Gemeinsames statt über Spaltendes nachzudenken: „Was können wir tun, um eine bessere Gesellschaft zu schaffen?“ Nach dem offiziellen Ende nach zwei Stunden diskutierten die Teilnehmer in kleinen Gruppen weiter.