„Die SPD hat ein Glaubwürdigkeitsproblem“
Jonas Klein, Vorsitzender der Jusos Wuppertal, steht einer erneuten Groko kritisch gegenüber und setzt aufs Mitgliedsvotum.
Bei einem Besuch auf der Homepage der Jusos Wuppertal fällt ein Begriff direkt ins Auge: Querdenker. Dieses Wort charakterisiert Jonas Klein ziemlich gut. Der Vorsitzende der Jusos Wuppertal ist ein kritischer Geist und beobachtete seine Partei SPD während der Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU ganz genau. Im WZ-Gespräch nimmt der 20-jährige Student daher auch kein Blatt vor dem Mund. Er hofft noch auf ein Scheitern der Großen Koaltion (Groko). Die letzte Möglichkeit wäre das Mitgliedervotum der SPD. Eine Entscheidung soll voraussichtlich am 4. März fallen.
Herr Klein, gestern Vormittag einigten sich die CDU/CSU sowie die SPD nach langer Verhandlung dazu, erneut eine Große Koalition zu bilden - wie ist diese Nachricht bei den Jusos Wuppertal aufgenommen worden?
Klein: Dass sich die Parteispitzen der SPD und der Union auf ein gemeinsames Papier einigen konnten, war ja schon relativ früh absehbar. Wir Jusos haben aber natürlich schon lange im Voraus klargemacht, was wir von der Idee einer Neuauflage der Großen Koalition halten. Wäre es nach uns gegangen, hätten Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU gar nicht erst stattgefunden. Aber diese Entscheidung müssen wir jetzt akzeptieren. Allerdings haben ja noch die Mitglieder die Chance, beim Votum gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen.
Ist man erleichtert, dass die Hängepartie erst einmal ein Ende hat?
Klein: Naja, was heißt Hängepartie? Ich fand es in den letzten Wochen und Monaten unglaublich spannend zu sehen, wie kontrovers und sachlich innerhalb der Partei auf so vielen Ebenen diskutiert wurde. Und jetzt geht es ja erst so richtig los, wenn erstmal, wie gerade schon erwähnt, das Mitgliedervotum anrollt.
Wie schätzen Sie den vorläufigen Ausgang der Verhandlungen ein? Sind genug sozialdemokratische Themen durchgesetzt worden?
Klein: Zunächst einmal finde ich es sehr schade, dass mal wieder die Diskussion um Personen anstatt Inhalte in den Vordergrund gerückt ist. Aber auch drei Schlüsselministerien werden leider nicht darüber hinwegtäuschen können, dass wir bei vielen Themen gescheitert sind. Ein höherer Spitzensteuersatz, die Abschaffung von sachgrundloser Befristung oder eine wirkliche Wende in der Rentenpolitik, für die wir alle so hart gekämpft haben, fehlen zum Beispiel komplett. Auch beim Thema Familiennachzug wurde eher ein fauler Kompromiss Ich persönlich sehe einfach keine großen gesellschaftspolitischen Visionen in diesem Papier, die gerade in der heutigen Zeit so wichtig wären.
Als letzte Hürde gilt nun das Mitglieder-Votum. Wie lautet ihre Prognose?
Klein: Ich glaube, dass es verdammt knapp werden wird. Aber die rund 25 000 neuen Genossinnen und Genossen, die seit Januar in die Partei eingetreten sind, geben mir für das anstehende Votum ein ganz gutes Gefühl.
Werden sich die Jusos auch dieses Mal gegen eine Groko entscheiden?
Klein: Ja - und ich glaube, dass ich in diesem Zusammenhang auch für die Mehrheit der Jusos in Wuppertal sprechen kann.
Was sagen Sie zu den Ambitionen von Martin Schulz, einen Ministerposten anzustreben, obwohl er zuvor ausgeschlossen hat, in einer Koalition mit der CDU/CSU regieren zu wollen?
Klein: Ich glaube, dass die SPD ein Glaubwürdigkeitsproblem hat. Wenn Martin Schulz im Wahlkampf sagt, dass er für keinen Ministerposten unter Kanzlerin Merkel zur Verfügung stehen würde, dann muss man ihn da auch beim Wort nehmen können. Alles andere wäre falsch.