Die Welt gerechter machen
Die neue Präsidentin des Landgerichts setzt auf Zusammenarbeit und will das Haus für Besucher öffnen.
Seit 19. Februar ist Annette Lehmberg (55) Präsidentin des Landgerichts Wuppertal. Der WZ erzählte sie von ihren Erfahrungen und ihren Plänen.
Frau Lehmberg, warum sind Sie Juristin geworden?
Annette Lehmberg: Das Interesse war schon in der Schule da. Ich wollte die Welt ein bisschen gerechter machen, aber auch verstehen, was Täter zu ihrer Tat veranlasst. Ein Motiv war auch die Frage, wie man einen Fall juristisch erfasst.
Welche Stationen auf Ihrem Berufsweg waren für Sie besonders wichtig?
Lehmberg: Zum Beispiel, im Justizministerium Entscheidungen an der Grenze zwischen Verwaltung und Politik zu erleben. Dass man dort seine Entscheidungen auch nach außen vertreten muss. Wir waren am Gesetzgebungsverfahren zur Neustrukturierung des Mietrechts beteiligt. Da waren die sozialpolitischen Aspekte der Reform wichtig. Es war eine interessante Erfahrung, Politik so hautnah zu erleben.
Gibt es weitere Aspekte, die Sie geprägt haben?
Lehmberg: Menschen sind immer wichtig. Ich habe sehr viel Hochachtung für die ehemalige Präsidentin des Oberlandesgerichts, Frau Anne José Paulsen. Sie hatte Vertrauen und Zutrauen zu uns, wir hatten als Dezernenten bei der Modernisierung der Verwaltung viel Spielraum, Dinge auszuprobieren. Dass man Kollegen etwas zutrauen kann, das hat mich geprägt.
Wie sind Sie inzwischen am Wuppertaler Landgericht angekommen?
Lehmberg: Der Einstieg hier ist mir leicht gemacht worden. Als ich Präsidentin am Landgericht Mönchengladbach wurde, war das ein großer Schritt, da musste ich erstmal alles kennenlernen, das dauerte schon eine Weile. Am Landgericht Wuppertal sind die Fragestellungen nicht so anders — es ist nur alles eine Nummer größer. Wenn ich so mit der Schwebebahn ankomme und das Gebäude sehe, denke ich oft, das ist doch ein großes Gericht. Mir hilft auch, dass ich aus dem Bergischen komme — ich merke, dass viele Wert darauf legen.
Welche Themen werden Sie beschäftigen?
Lehmberg: Die sind in vielen Gerichten ähnlich: Wir haben zum Beispiel ein hohes Durchschnittsalter von 54 Jahren im Kanzleidienst. Wir müssen uns also mit Wissenstransfer auseinandersetzen. Auf allen Ebenen müssen wir mehr Personal anwerben — nur bei den Wachtmeistern haben wir derzeit viele Interessenten. Bei den Juristen konkurrieren wir mit der Wirtschaft und den großen Kanzleien.
Gibt es weitere Pläne?
Lehmberg: Wir stehen an der Schwelle, die elektronische Akte einzuführen. Die technische Ausstattung konnte ich beim Neubau des Justizzentrums in Düsseldorf mitgestalten. Das müssen wir hier auch angehen. Ich denke an Beamer und Leinwände im Gerichtssaal, Laptops für die Wirtschaftsstrafkammern. Ich bin auch ein Freund von Aufräumen und Renovieren. Mir ist wichtig, dass die Säle ordentlich aussehen, denn Autorität teilt sich auch durch die Umgebung mit. Und ich plane zu gegebener Zeit öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, wie wir sie in Mönchengladbach hatten: Vorträge, Infoveranstaltungen zu Rechtsfragen für Jugendliche oder Krimilesungen im Schwurgerichtssaal. Auch Führungen durch dieses architektonisch tolle Gebäude kann ich mir vorstellen.