Serie Die Wuppertaler Junior Uni und ein großer Glücksgriff

Wuppertal · Ernst-Andreas Ziegler, Gründer und Ideengeber der 2008 gegründeten Junior Uni, über die erste Personaleinstellung, Teil 4

Ernst-Andreas Ziegler (hier mit Hund Zelda) gründete die Junior Uni und baute sie gemeinsam mit Mitstreitern wie dem Physiker Burckhard Mönter, dessen Frau, der Lehrerin Hildegard Mönter, dem Verwaltungsmitarbeiter der Stadt Wuppertal Jochen Siegfried sowie dem Finanzfachmann Peter Steinmetz und dessen Frau Bettina auf.

Foto: Anna Schwartz

Natürlich hatte ich damals nicht nur auf private Finanzierung gehofft, sondern mir vorgestellt, die öffentliche Hand müsse der Junior Uni doch wenigstens einen Teil unseres künftigen Etats finanziell absichern. Ich dachte bereits in der Anfangsphase an einen Anteil von etwa 20 Prozent. Mehr sollte es nicht sein, denn die finanzielle Unabhängigkeit von der Öffentlichen Hand verhindert Lähmung durch Routine und zwingt die Verantwortlichen immer wieder zu neuen Ideen.

In jener Zeit schrieb ich unter anderem einen Brief an die damalige Wissenschaftsministerin und Neusserin Annette Schavan (CDU) und bat sie um einen Termin in Berlin, um ihr und ihren Mitarbeitern die Pläne vorzustellen. Nach Wochen antwortete die Ministerin. Sie hätte unser Anliegen mit großem Interesse geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass sie und ihr Ministerium nicht zuständig seien. Unsere Absichten, für die sie uns Erfolg wünsche, hätten rein lokale Bedeutung. Wie falsch sie doch lag!

Von ganz anderer Art war eine Reaktion aus Düsseldorf. Ich wurde eingeladen, leitenden Beamten des Schulministeriums und des NRW-Wissenschaftsministeriums unser Projekt vorzustellen. Ich erinnere mich, dass mir bei diesem Termin im Schulministerium 21 hochkarätige Ministeriale gegenübersaßen, Frauen und Männer. Sie waren sehr interessiert und stellten viele Fragen. Schließlich sagte ein Ministerialdirigent, ich hätte sie voll überzeugt. Das Land würde unser Projekt dauerhaft mit 90 Prozent aller Kosten fördern. Ich traute meinen Ohren nicht.

Ich konnte es fast nicht glauben. Daraufhin fragte ich nach Bedingungen. Sie waren unmissverständlich: Wir dürften keine Kurse anbieten, die nicht kompatibel mit dem offiziellen Bildungsangebot der Schulen seien, jede Dozentin und jeder Dozent, der bei uns beschäftigt werde, müsse vorher von ihnen auf seine Qualifikation und Eignung überprüft werden, jedes Jahr hätten wir einen Plan mit unseren Absichten vorzulegen und es würde ein Gremium gegründet, in dem das Land die Mehrheit habe. Worauf ich mich bedankte und ablehnte. Damit hatte ich mir keine Freunde gemacht.

Der denkbar größte Glücksgriff – und ich wollte zuerst nicht

Zurück zu den Anfängen. Die konkreten Vorbereitungen zum Start der Junior Uni dauerten von der Blitzidee beim Lauftraining bis zur Vorbereitung der ersten Kurse nur ein Jahr. Niemand hätte das geglaubt. Dieser Erfolg war das Ergebnis optimaler Personalentscheidungen.

Unsere erste wissenschaftliche Mitarbeiterin war der denkbar größte Glücksgriff. Zu meiner Schande muss ich einräumen, dass ich anfangs ausgerechnet mit ihr nichts zu tun haben wollte. Die Rede ist von Ina Krumsiek, der Schwiegertochter des früheren langjährigen NRW-Ministers und ehemaligen Wuppertaler Verwaltungschefs Rolf Krumsiek. Er war mein erster Chef und ein Vorbild für mich. Er hatte mich seinerzeit für die Tätigkeit als Presseamtsleiter begeistert und wir waren Freunde geworden.

Von der Wuppertaler Stadtspitze über meine Pläne informiert, empfahl er mir dringend die Einstellung seiner in Wuppertal lebenden Schwiegertochter als wissenschaftliche Führungskraft. Ich sagte nachdrücklich Nein, denn als bekanntes Wuppertaler Mitglied der SPD wollte ich auf keinen Fall ausgerechnet die Schwiegertochter eines SPD-Prominenten engagieren. Ich fürchtete den Vorwurf von SPD-Personal-Filz. Rolf Krumsiek insistierte jedoch noch fünf oder sechs Mal, doch ich blieb stur. Bis mich am Telefon eine Frauenstimme fragte: „Was habe ich Ihnen denn getan, dass Sie nicht einmal eine Seite über mich lesen wollen?“

Am nächsten Morgen kam eine Bewerbung, die alle meine Bedenken sofort hinwegfegte. Ihr Schwiegervater hatte recht. Ina Krumsiek war die Traumbesetzung für die Junior Uni. Herausragende Vita, Mutter von zwei damals kleinen Söhnen. Sie hatte als Soziologin darüber geforscht und promoviert, wie Mädchen für technische Berufe begeistert werden könnten. Sie hatte in der Schweiz sowohl mit hochbegabten als auch mit behinderten Kindern gearbeitet, in Altena als Stadtjugendpflegerin die Jugendarbeit koordiniert, für verschiedene Bildungsträger Kurse in Würzburg und Schweinfurt für einen beruflichen Start entwickelt und in Nordrhein-Westfalen die Fortbildung der Industrie- und Handelskammern unterstützt, lehrte an der Uni Münster. Sie entsprach genau der Wunschvorstellung. Zwei Stunden später hatte ich sie eingestellt. Sie hat den größten Anteil am Aufbau des Kursangebotes der Junior Uni, wurde meine rechte Hand, und mein halber Kopf.