Meinung Schwarzer Abend für die SPD

Es wird Zeit, dass die Wuppertaler Ratsdamen und -herren zeigen, dass sie die Zukunft der Stadt mitgestalten wollen.

Lothar Leuschen ist Mitglied der WZ-Chefredaktion.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Die Seilbahn ist Geschichte. Die Mehrheit von gut 135 000 Wuppertalern hat sich gegen den Plan ausgesprochen. Das ist die eine Erkenntnis eines denkwürdigen Tages in Wuppertal. Die andere Erkenntnis ist, dass der Aufstieg der Grünen auch in Wuppertal unaufhaltsam zu sein scheint. Bei der Europawahl überbot die Partei noch das gute Deutschlandergebnis um annähernd fünf Prozentpunkte und ließ in der Wählergunst die CDU und die SPD hinter sich. Für die Sozialdemokraten kommt das einem Debakel gleich. In der Stadt von Friedrich Engels nur noch die dritte Kraft zu sein, grenzt an Demütigung. Zwar hat deren noch neuer Unterbezirksvorsitzender Servet Köksal recht damit, dass die Kommunalwahl erst im nächsten Jahr stattfindet. Aber ob die SPD bis dahin die Karten noch einmal ganz neu mischen kann, ist zumindest fraglich.

Dabei waren Partei und Fraktion die einzigen in Wuppertal, die sich vor und während der Bürgerbefragung zur Seilbahn klar und deutlich bekannt haben. Die Sozialdemokraten wollten das Projekt, sie hielten es für zukunftsweisend, für einen Leuchtturm für Wuppertal. Doch die Klarheit ist nicht belohnt worden. Dass annähernd zwei Drittel der Bürger dem Projekt mit ihrem Kreuzchen eine Absage erteilt haben, zeigt, dass die SPD offenbar aufs falsche Pferd gesetzt hat. Dazu die herbe Niederlage bei der Europawahl: diesen Abend muss die SPD erst einmal verdauen.

Aber auch für die CDU waren der Tag der Europawahl und die Abstimmung zur Seilbahn keine reine Freude. Auch sie musste die Grünen passieren lassen und auch unter den Christdemokraten gab es Befürworter des Seilbahnprojektes.

Am schwersten aber wiegt für die CDU die nun auch in Wuppertal vom Wähler attestierte Stärke der Grünen, mit denen sie sich in einer Fraktionskoalition im Stadtrat befindet. Gleichzeitig sind beide Parteien in Gesprächen über einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters. In diese Diskussion gehen die Grünen nun mit einem starken Rückenwind. Der könnte es der CDU schwerer machen, mit dem gemeinsamen Kandidaten das eigenen Profil zu betonen.

Für Wuppertal insgesamt ist die Bürgerbefragung unabhängig von ihrem Ergebnis ein gutes Zeichen. Gut 135 000 Bürger haben gezeigt, dass sie sich für ihre Heimatstadt und deren Werden interessieren. Das ist eine solide Basis für pragmatische, ideologiefreie und zukunftsweisende Arbeit im Stadtrat. Darauf können die Parteien aufbauen, in dem sie transparent, offen und ohne parteipolitisches Geplänkel mit Bürgern über ihre Vorhaben diskutieren und dann im Stadtrat selbst entscheiden, so wie es die repräsentative Demokratie eigentlich vorsieht. Das bedeutet nicht das Ende der Bürgerbefragung, sondern deren Einsatz für Themen, bei denen die Bürger dieser Stadt nicht aufeinander gehetzt werden, weil alle gleichermaßen Betroffen sind.