Ein Blümchen in der Wüste?

Der Zufall schreibt doch immer noch die schönsten Geschichten. Das Wuppertal am Döppersberg ein Radhaus bekommt, ist Zufall. Jeder, der heute etwas anderes sagt, erzählt Märchen. Und das wäre noch nicht einmal so unpassend.

Denn die Historie des Fahrradparkhauses hat etwas von Gebrüder Grimm. Nur weil es sich zutrug, dass der bronzene Kubus auf dem Döppersberg auf Westwanderung ging, entstand der Platz für das Radhaus. Zufall also. Kein Zufall, sondern glückliche Fügung ist, dass die Fläche keine sonderlich großen Ausmaße hat. Sonst wäre im Rathaus sicher irgendwer auf die Idee gekommen, statt des Radhauses einen Discounter dort zu platzieren. Davon gibt es in Wuppertal ja noch nicht genug.

Nun kommt es anders, wobei auch die Dimension dessen ein bisschen was von Zufall hat. Sie fällt größer aus als notwendig, weil es ja immerhin sein könnte, dass doch einmal sehr viele Wuppertaler das Fahrrad für sich entdecken. In der Zwischenzeit werden im Radhaus Kehrmaschinen und Streuwagen geparkt. Die braucht der neue Döppersberg sowieso, heißt es. Warum dafür dann kein Platz geplant worden ist und wohin die Maschinen kommen, wenn Wuppertal mehr radfährt, ist nicht überliefert.

Aber auch so steht das Radhaus am Scheideweg, noch ehe auch nur ein Löchlein für das Fundament gebuddelt worden ist. Entweder wird es das größte Groschengrab der jüngeren Geschichte oder es wird das Startsignal für eine Mobilitätswende, die Wuppertal dringend benötigt. Nach Stand der Dinge hat das Bauwerk keine große Zukunft. Es ist nämlich nur unter Einsatz von Leib und Leben erreichbar. In Wuppertals Straßenverkehr ist nur der Fußgänger benachteiligter als der Radfahrer. Doch während Fußgänger relativ sicher stundenlang an seltsam geschalteten Ampeln warten, teilt sich der Fahrradfahrer die Straße mit Bussen, Lastwagen und Autos. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass Wuppertal von Fahrradstadt noch Lichtjahre entfernt ist.

Das könnte sich ändern, wenn Politiker und Stadtverwalter das Radhaus nicht nur als zufälligen Kehrmaschinen-Parkplatz betrachteten, sondern ihre Entscheidung für das 935 000 Euro teure Bauwerk konsequent weiterdächten. Wenn es beispielsweise schon keine Radspur auf der B 7 sein soll, dann doch wenigstens auf Parallelstrecken der Hauptverkehrsachse. Und auch die Verbindungen auf die Nord- sowie Südhöhen könnten Radwege gebrauchen. Denn in Zeiten der E-Bikes und Pedelecs sind Wuppertals Hügel kein Problem mehr. Am vorläufigen Ende der Geschichte könnte eine direkte Verbindung von Samba- und Nordbahntrasse stehen. Utopie? Das war die Schwebebahn vor 120 Jahren auch. Heute ist sie das sicherste Verkehrsmittel der Welt.

Kein Geld? Der Bund investiert Millionen beispielsweise in die A46, die danach vermutlich genauso verstopft sein wird wie vorher. Wenn für Unsinn soviel Geld da ist, dann bestimmt irgendwann auch für Vernünftiges. Wenigstens in den Städten sollten sich Menschen möglichst stressfrei bewegen können. Und in Wuppertal könnte der Ausgangspunkt dazu das Radhaus sein. Entweder wird das Radhaus also der Beginn einer Veränderung, oder die Stadt pflanzt gerade ein teures Blümchen in der Wüste.