Campus Wuppertal Ein Mann mit Visionen für die Straßen-Forschung
Pahirangan Sivapatham ist neuer Professor für Straßenbau und -erhalt. Er will an Wuppertals Straßen forschen.
Pahirangan Sivapatham ist neuer Professor für Straßenbau und -erhalt an der Bergischen Universität. Er ist so neu, dass die Hinweise auf den Fluren des Gebäudes am Campus Haspel teilweise noch nicht einmal seinen Namen auflisten. „Es gibt hier viel zu tun“, sagt Sivapatham entschuldigend. Viel zu tun – bisher und in Zukunft.
Denn einerseits war der Campus schwer beschädigt worden beim Unwetter 2018. Andererseits spricht er von Umbauplänen, damit die verschiedenen Labore seines Fachbereichs näher zusammenrücken. Der Bedarf seines Fachbereichs hat sich verändert seit dem Bau der Gebäude. „Früher hatten wir drei Geräte, die 10 000 bis 15 000 Euro gekostet haben. Heute haben wir Geräte, die eine Million Euro kosten“, sagt er. Die Forschung sei komplexer geworden. Der Raumbedarf ein anderer. Und auch die Praxis habe sich verändert. Die Anforderungen an Straßen. Die Belastungen. Die Erwartung an Nachhaltigkeit.
Sivapatham kennt sich aus. Nicht nur theoretisch. Nach der Schullaufbahn in Ronsdorf, dem Studium in Wuppertal und der Dissertation hier und diversen Lehraufträgen ist er in die Praxis gegangen. War elf Jahre bei der TPA Gesellschaft für Qualitätssicherung und Innovation, einer Tochtergesellschaft der Strabag, der größten Firma im Bereich Straßenbau. „Ich war der Meinung, ich muss die Industrie kennenlernen. Ich will den Studenten mitgeben, wie dort gedacht wird. Das ist etwas anderes, als das, was an der Hochschule gelehrt wird.“
Praxisnahe Forschung ist ihm wichtig. Im Labor zeigt er Asphalt-Scheiben aus Abfallprodukten aus Hochöfen, die dort getestet werden – auf Belastbarkeit unter Druck und Temperaturschwankungen. Aber er will auf die Straßen. Am besten auf Wuppertals Straßen. Die Uni hat im Juni einen Lastwagen erhalten, mit dem Straßen gescannt werden können. „Ein MRT für die Straße“, sagt Sivapatham. Der Laster fährt mit 80 Kilometern in der Stunde und scannt währenddessen die Straße quer, längs, Risse, Flicken, Tragfähigkeit, Aufbau und mehr. „Es gibt nur zwei Fahrzeuge dieser Art in Deutschland. 15 weltweit. Wir haben als einzige Uni einen Scanner dieser Art.“
Das ist insofern besonders interessant, als Wuppertals Straßen gerade vermessen wurden – mit einem anderen Gerät – und durchschnittlich ein mittelmäßiger Zustand erkannt wurde, der aus finanziellen Gründen kaum gehalten werden kann. Der Professor ist sich aber sicher, dass der Zustand eigentlich noch schlechter ist. Denn der benutzte Scanner habe nicht genug Parameter genutzt.
Sivapatham sagt, es gebe schon Gespräche mit der Stadt für eine Zusammenarbeit. Er möchte den Scanner hier fahren lassen – die Daten für die Forschung nutzen. Und der Stadt durch Expertise helfen. „Wir sind sehr interessiert an einer Zusammenarbeit“, sagt Sivapatham.
Dass aktuelle Expertise für Straßenbau nötig ist, dass es Veränderungen geben muss, ist für Sivapatham klar. „Seit den 70er Jahren hat es einen Anstieg des Lkw-Verkehrs von 3000 Prozent gegeben, der Pkw-Verkehr hat um 600 Prozent zugenommen“, sagt er. Wobei ein 44-Tonner die Belastung von 23 000 Personenkraftwagen ausüben würde. Dass Autos also schwerer geworden seien, sei im Verhältnis nicht relevant. Aber die Zunahme des Verkehrs mache alle Planungen zunichte. Die A3 etwa sei für 100 Millionen 10-Tonnen-Achsen in 30 Jahren ausgelegt – es führen aber 220 Millionen Achsen darüber. Dass die Straßen und Brücken nicht mehr so lange hielten wie geplant, sei so klar wie „dass das nächste Weihnachten kommt“. Da müsse keiner überrascht tun.
Sivapatham will helfen mit dem Scanner. Er ist „überzeugt, dass wir in zehn Jahren schon nach dem Bau einer Straße mit dem Scanner erfassen können, wie lange sie halten wird“. Bis dahin müssen nur genug Daten gesammelt werden – Fahrten und Forschung finanziert, am besten in ganz Deutschland. Aber anfangen will er in Wuppertal.