Ein Orchester mit Bodenhaftung

Das Wuppertaler Royal Street Orchestra spielt Weltmusik. Das zweite Album der neun Männer erscheint am Freitag.

Ein Orchester mit Bodenhaftung
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Faszinierend ist sie: die Atmosphäre, die entsteht, wenn die Band Royal Street Orchestra (RSO) zum Konzert aufspielt. Schon bei den allerersten Klängen aus den Instrumenten der neun ungleichen Musiker verbreitet sich eine Mischung aus Enthusiasmus, Entzücken und reiner Lebensfreude.

Was die Band von vielen anderen unterscheidet, ist nicht nur der Charakter ihrer Weltmusik, die unter anderem mit Skalen und Rhythmen aus Balkan und Orient, Rock-Attitüden sowie Einflüssen aus Jazz, Klassik und Tango spielt. Sondern auch die Art, wie sie entsteht. Und wie sie die Wuppertaler präsentieren, jeder auf seine Weise, und doch alle gemeinsam.

Barfuß stehen sie auf den Bühnen, die sie möglichst mit Teppich auslegen lassen: Christopher Huber an der Violine, Cornelius Thiem am Cello, Dragan Burmazovic am Akkordeon, Nikolaos Rondelis an Bouzouki und Oud, Christopher Esch und Dennis Soldin je an einer Gitarre, Armin Alic am Bass, Max Klaas an den Percussions und Christian Moorhenn am Schlagzeug. „Zum einen bedeutet barfuß spielen für uns Bodenhaftung und Erdung“, sagt Thiem. Huber ergänzt: „Zum anderen erzeugt es das Gefühl, man sei zuhause. Das schafft eine weitere Verbindung zwischen uns.“

Diese Synthese spüren auch solche, die RSO erstmals live erleben. Die Musiker blicken sich bei ihren Auftritten an, kommunizieren über Klang, Takt, Mimik. Ohne Noten. „Unsere Stücke entstehen zum Beispiel, in dem einer von uns eine Idee zu Melodie oder Rhythmus hat. Ab da nehmen alle die Richtung auf, geben Input dazu. Am Ende ist es immer der Song von allen“, schildert Alic den Prozess, der, sagt er, nicht auf Papier, sondern in ihren Herzen entstehe. „Es ist eine Art musikalisches Gespräch zwischen uns.“

Geboren wurde das RSO 2009, als Alic einen Auftritt der Band Chris & The Funky Doctors in Elberfeld miterlebte, in der Thiem und Huber, bekannt über die Musikhochschule, sowie Esch und Soldin spielten. „Mir kamen die Tränen“, beschreibt Alic seine Begeisterung, die in Band-Support und später in gemeinsame Auftritte mündete. „Ich sollte als Bassist aushelfen. Die Energie war sofort da.“

Kurz entschlossen sprachen die Berufsmusiker weitere potenzielle Musiker an. „Wir haben uns getroffen - dann gab es unsere Band.“ Das Debütalbum „Visible at given temperature“ erschien 2012 unter dem Label Hazelwood. Ihr zweites Album unter dem 2016 gegründeten bandeigenen Label „Royal Street Records“ erscheint am Freitag (s. Kasten).

Sein Name ist Programm: „Live at Utopiastadt“ wurde im Dezember 2014 im Café Hutmacher aufgenommen - inklusive Film, der die einzigartige Stimmung unter den geladenen Gästen einfängt. „Wir haben bewusst eine Location mit Charme gewählt, die eine Geschichte erzählt“, sagt Thiem. „Die Ausrichtung passt zu uns: Mut zu neuen Wegen, nah am Menschen und am Geschehen.“

Die vom Utopia-Team unterstützten Aufnahmen dauerten zwei Tage, bis zur ersten Album-Pressung vergingen rund vier Monate, danach folgte Promotion. Im LCB feiern RSO, deren Musik mit Blick auf ihre Herkunftsländer wie Bosnien, Serbien und Griechenland auch politische Grenzen überwindet, am Freitag öffentlich die Release-Party. Zu hören sind Songs aus dem frischen Album, aber auch neue Kreationen - die nächste Platte haben die Neun schon im Blick.