Sommerserie Ein schöner Tag im Briller Viertel und am Ölberg

Ein Tag in Wuppertal zwischen altem Prunk und neuem urbanen Flair: Briller Viertel, Ölberg und Luisenviertel.

Foto: grafik

Wuppertal. Wenn man seinen Tag in Wuppertal mit einem Blick in die Vergangenheit starten will, muss man nicht ins Museum. Wuppertal ist selbst eines. Ein sehr lebendiges. Denn etwa anhand von Briller Viertel und Ölberg kann man in die Zeit der Industrialisierung blicken – und die Gegensätze begutachten zwischen arm und reich, zwischen Arbeiter- und Villenviertel. Vor allem kann man aber auch sehen, was sich seitdem getan hat – und sowohl am Ölberg, als auch an dessen Fuß, im Luisenviertel, hervorragend essen, trinken, einkaufen und die Kinder spielen lassen.

Getrennt von nur einer Straße, der Briller Straße, lagen einst Gegensätze, die kaum größer sein konnten. Hier die Villen der Industriellen, da die Häuser der Arbeiter und Beamten, die lange keinen Strom hatten – dafür aber Öllampen, so heißt es. Wer von der Autobahn 46 an der Abfahrt Katernberg herunterkommt, kann sich entscheiden: Rechts abbiegen in die Katernberger Straße und den alten Luxus bestaunen. Oder links in die Ottenbrucher und dann Marienstraße - und so etwas wie ein Trendviertel entdecken. Wer noch ein Stück weiter herunterfährt, kann wiederum links ins Luisenviertel abbiegen und Wuppertals Kneipen- und Altstadt-Viertel erkunden. Alle drei hängen eng zusammen, sind aber doch unterschiedlich. Wir nehmen Sie mit auf eine Tour.

Startpunkt eins: Nützenbergpark im Briller Viertel

Der Nützenbergpark heißt auch Kaiserhöhe, angelehnt an die gleichnamige Gastronomie, die es dort einmal gab und bald wieder geben soll, und ist eine grüne Oase im bebauten Norden Wuppertals. Er wurde im 19. Jahrhundert angelegt - und mittendrin ragt der 20 Meter hohe Weyerbuschtum in die Höhe. Er wurde 1898 vom Knopffabrikanten, Armenpfleger, preußischen Landtagsabgeordneten und Elberfelder Stadtverordneten Emil Weyerbusch gespendet. Allein das zeigt, wie es um die Textilindutrie damals bestellt war. Der ganze Park drumherum ist Zeugnis einer Zeit, in der in den beiden Städten Elberfeld und Barmen auch die Freizeit neben der Arbeit einen immer höheren Stellenwert bekommen hat. Wer hart arbeitet, muss sich erholen können. Verschönerungsvereine legten damals Waldparks und Landschaftgärten an. Und von den Grünanlagen aus der Zeit profitieren die Wuppertaler bis heute.

Auf der Kaiserhöhe gibt es nicht nur zwei Spielplätze und einen Fußballplatz, sondern auch einen Hochseilgarten, für den man sich Termine buchen kann. Gruppen müssen mindestens acht Kinder stark sein, und die Kinder 1,40 Meter groß - damit sie alle Hindernisse bewältigen können.

Wer die Kaiserhöhe verlässt, darf staunen über das größte zusammenhängende Villenviertel der Gründerzeit Deutschlands. 1,2 Quadratkilometer groß, 250 Villen in verschiedenen Baustilen - von Neogotik über Neorenaissance bis zu Neobarock. Hier wohnten Else Lasker-Schüler oder auch Armin T. Wegner. Laufen Sie herum, staunen Sie, während sie entlang der Bismarck-, Goeben-, oder Roonstraße spazieren.

Am oberen Ende der Sadowastraße kann man vom Platzhoff-Denkmal und dem Eingang zum Wasserreservoir Nützenberg von 1879 bis ins Tal in Richtung Sparkassenturm gucken. Die Straße ist eine der steilsten Wuppertals.

Wer sie herunterfährt, kommt auf die Briller Straße. Zweimal rechts abbiegen und Sie kommen auf die Nützenberger Straße, quasi das südliche Ende des Briller Viertels. Auf Höhe des Bismarkstraße ist ein kleiner Parkplatz, unscheinbar bis hässlich, der aber einen spannenden Blick auf das Tal hergibt.

Hier sieht man die Wälder im südlichen Elberfeld, Kleingärten, davor das Viertel Arrenberg, dann die Schwebebahn und, näher am eigenen Standpunkt, die großen Gebäude vergangener Industrie, die teils urban umgenutzt werden. Vieles, was Wuppertal ausmacht, kann man hier auf einen Blick erfassen, mit all seinen Ecken und Kanten.

Wer stattdessen den Weg zurück über die Katernberger Straße bevorzugt, kann an der Hausnummer 100 ein Schmuckstück hinter Holzfassaden finden: die Galerie Droste. Hier finden regelmäßig Ausstellungen von Künstlern mit Graffiti-Hintergrund statt. Hier zeigt sich, wohin Subkultur gehen kann, ohne ihre Wurzeln zu verlieren.

Von dort aus, kann man gut und gerne weiter auf den Ölberg. Die Katernberger Straße herunter und den gegenüberliegenden Berg wieder hoch.

Startpunkt zwei:
Schusterplatz auf dem Ölberg

Der Schusterplatz zwischen Marienstraße und Schusterstraße ist das Herz des Ölbergs. Jedenfalls heute. Denn der Spielplatz mit Grünfläche und Sitzbänken war mal karge Fläche, bevor er in den 1970ern umgestaltet wurde. Jetzt spielen die Kinder aus dem Viertel, während auf der Wiese Eltern, Studenten, Autonome sitzen und dem ehemaligen Arbeiterviertel modernen, urbanen Charakter geben. Das Viertel ist divers, lebendig und mit den vielen Altbauten ein optisches Highlight.

Denn die Gründerzeitbauten, die früher vielfach die Arbeiter aus den Fabriken der Industriellen beherbergt haben, sind heute noch erhalten. Dabei war wegen der miesen Wohnzustände eigentlich mal geplant gewesen, alles abzureißen und neu zu bauen. Aber Kosten, Zeit, zu wenige Übergangswohnungen für die vielen Einwohner und der sich ändernde Zeitgeist haben dafür gesorgt, dass die Pläne nie bis zum Ende verfolgt wurden. Ein paar Häuser im benachbarten Viertel jenseits der Hochstraße wurden aber abgerissen, neu gebaut. Ist zumindest weniger schön geworden.

Abseits der schönen Häuser mit den großzügigen Deckenhöhen und Verzierungen an den Fassaden, gibt es am Ölberg auch viel zu tun: Eis gibt es wahlweise von Francos, der mit dem Eiswagen kommt, oder ein paar Meter weiter am Otto-Böhne-Platz von Creme Eis. Waffeln gibt’s bei Couchous, ein paar Meter die Straße runter. Dazwischen kann man Platten bei „Strangeville“ kaufen, selbstgemachte Taschen aus LKW-Planen in der „Ölberger Taschenmanufaktur“ oder Foto-Kunst von Fabian Freese bestaunen. Bei „Mit Hand und Herz“ gibts selbstbedruckte Bio-Kleidung, Bei Nadine Hoegens „Urbanität“ alles vom Fahhradzubehör bis Gin, Wein kann man bei „Est Est Est“ und Schmuck in der Goldschmiede von Ramona Weinert kaufen.

Dazwischen gibt es Kioske oder Kneipen wie den „Langen Handok“ oder den Irish Pub „Domhan“. Früher, zu Arbeiterzeiten, gab es deutlich mehr Kneipen hier. Aber es gibt noch reichlich Orte, in denen man abends etwas trinken kann. Auch gutes Essen gibt es, etwa an der Schreinerstraße bei „Hayat“ (kurdisch) oder bei „Ganesh“ (Sri-Lankisch) oder selbstgemachte Nudeln bei „Sugo“. Dazwischen gibt es noch reichlich mehr zu entdecken. Der Ölberg ist ein lebendiges Viertel, dass den einen anderen an Berlin erinnert. Jedenfalls an die schönen Teile.

Und wer sich in Richtung Tippen Tappen Tönchen, der langen Treppe herunter ins Luisenviertel, aufmacht, der darf auch den schönen Blick auf die Elberfelder City genießen, der sich hier bietet.

Punkt drei:
Luisenviertel

Das Luisenviertel ist so etwas wie die Altstadt Wuppertals, der schöne Teil zum Einkaufen, Essen, Trinken, Flanieren. An der Friedrich-Ebert-Straße gibt es inhabergeführten Einzelhandel von Buchläden über irische Kleidung, Second-Hand-Designermode, Kinderspielzeug, einen Lauf-Fachhandel, dazwischen Eiscafés, eine Café-Rösterei, Metzger und einen Bio-Supermarkt. Wer die Straße bis zum Ende durchschlendert kann rechts abbiegen und in den Deweerthschen Garten einkehren. In diesem ersten Landschafts­garten im Tal wandelte und wohnte seit 1802 die ­Familie de Weerth - hier gibt es eine Grünfläche in der Sonne, einen kleinen Spielplatz auf der einen Seite, ein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus und dazwischen Stelen, an denen Wasser herunterläuft. Kurz: Hier kann man mal eine Pause machen.

Wer dann zurückgeht durch die Luisenstraße muss auf den Radverkehr achten. Denn sie ist die einzige Fahrradstraße Wuppertals. Links und rechts entlang der Straße kann man gut essen und trinken in alteingesessenen Gastronomie wie dem „Café du Congo“ oder dem „Katzengold“. Hier und da auch einkaufen.

Die Straße sollte in den 70ern eine Entlastungsstraße für die B7 werden, die Häuser auf der Nordseite abgerissen werden. Die Künstlerszene hat sich gewehrt, die Häuser gekauft und renoviert. In diesem Zuge ist auch das Luisenfest entstanden, das bis heute jedes Jahr die Massen auf die Straße zieht - erst zum Flohmarkt, dann zu Musik und Bier.

Damals und ab dann richtete sich auch die Gastronomie dort ein, die teils seitdem Bestand hat.

Weiter gen Westen kann man auch in die Nebenstraßen ziehen, abends in die Obergrünewalder Straße ins Köhlerliesel für Getränke, oder ins San Leo für italienische Küche. Weiter an der Luisenstraße laden das Swané Design Café, die Luise, die Viertelbar oder das Beatz und Kekse ein, hier die Nachmittage und Abende zu verbringen.

Das Luisenviertel ist Wuppertals Vorzeigeviertel für Einkaufen und Ausgehen – bei Spiegel Online wurde das Nachtleben 2016 porträtiert unter dem Titel „Ein bisschen wie Berlin“.

Schon wieder Berlin. Die Stadt ist natürlich ein Fixpunkt für Vergleiche was hippe Läden und lebendige Kieze angeht. Aber so schön wie in Wuppertal kann es da gar nicht sein. Kommen Sie und schauen Sie selbst.