90 Jahre Wuppertal Kamera an: Wuppertal als Filmstadt

Wuppertal · Die Stadt ist ein begehrter Ort für Dreharbeiten — im fertigen Werk ist das freilich nicht immer sofort zu erkennen.

Die Komödie „King Ping“ aus 2013 lebte vor allem von viel Lokalkolorit.

Foto: Claudia Scheer-van Erp

Eins der ersten filmischen Zeugnisse von Wuppertal präsentiert als Hauptdarsteller — natürlich — die Schwebebahn. „The Flying Train“ ist das 1:12 Minuten lange Werk betitelt, das streng genommen natürlich nicht die Stadt Wuppertal, sondern das Wuppertal zeigt. Denn 1902, als vermutlich die Fahrt der Schwebebahn auf Film gebannt wurde, war die Vereinigung von Elberfeld und Barmen höchstens Science Fiction. „The Flying Train“, der noch heute leicht im Internet zu finden ist und viele Fans hat, machte allerdings weltweit Eindruck, lief in den USA und wurde 1906 als Sensation zur Eröffnung des Thalia-Theaters am Islandufer gezeigt, wo heute der Sparkassenturm steht.

In den folgenden Jahrzehnten war Wuppertal immer wieder Ort von Dreharbeiten, bis heute — ob fürs Fernsehen, fürs Kino oder für das Internet. Viele sind weithin bekannt wie „Knockin’ on heaven’s door“ (1997) oder „Der Krieger und die Kaiserin“ (1999). Fast ein Klassiker ist schon „Manta, Manta“ (1991) mit dem sehr jungen Til Schweiger und Verfolgungsjagden durch die Nordstadt.

Die Liste, die das Wuppertal Marketing pflegt, ist lang und muss regelmäßig erweitert werden. Zuletzt etwa wurde im Luisenviertel für die WDR-Filmreihe „Väter allein zu Haus“ gedreht — unter anderem im Köhlerliesel. Weil dafür im Mai auch Straßen gesperrt wurden, bekamen das natürlich auch viele Wuppertaler mit. „Das ist aber nicht immer so“, erklärt Simone Neutert von Wuppertal Marketing, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Lutz Ahr von der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für das Thema „Filmstadt Wuppertal“ zuständig ist. Sie kümmert sich auch um Anfragen von Produktionsfirmen, die Orte zum Drehen in Wuppertal suchen. Mittlerweile, so Neutert, übernehmen das aber auch immer mehr professionelle Location-Scouts. Das Wuppertal einiges zu bieten hat, habe sich herumgesprochen.

Immer wieder gerne als Kulisse genutzt werden die vielen Villen im Tal, ob Briller Viertel oder Zooviertel. „Da können wir immer gute Tipps geben“, erklärt Neutert. Doch der Drehort wird nicht immer auch Handlungsort. „Unsere Stadt ist oft Platzhalter für andere Städte“, so Neutert. Bewusst würde dann vermieden, etwa die Schwebebahn zu zeigen. Die Villa Amalia an der Briller Straße spielt zum Beispiel in der kommenden Staffel von „Babylon Berlin“ mit. „Das Rathaus in Barmen wurde auch schon mal zum Museum in Bonn“, weiß Neutert. Und mitunter wird der Plot gar in ein anderes Land verlegt. Bei „Ein Sommer in Rom“ etwa, einem Fernsehfilm von 2012 mit Thomas Heinze und Esther Schweins in den Hauptrollen, wird aus einer Wuppertaler Villa eine italienische.

Bei anderen Filmen spielt Wuppertal sehr wohl selbst eine Rolle. In „Alice in den Städten“ etwa, dem Roadmovie, das Wim Wenders ganz am Anfang seiner Karriere 1973 drehte. Der Regisseur, der längst Weltruhm erlangt hat, brachte Wuppertal später fast zu Oscar-Ehren. Sein Werk über Pina Bausch, das natürlich viele, viele Szenen aus Wuppertal enthält, war 2012 für den größten Preis der Filmbranche nominiert, ging am Ende aber leer aus. „Pina“ wurde unter anderem in den Kalkwerken Oetelshofen gedreht.

Und „King Ping – Tippen Tappen Tödchen“, die etwas schräge Krimi-Komödie aus dem Jahr 2013, bezog seinen Reiz vor allem aus dem Lokalkolorit mit Szenen vom Bahnhof Mirke bis zur titelgebenden Treppe hoch auf den Ölberg.

Zahllos dürften auch die Anspielungen und Nennungen von Wuppertal in Film und Fernsehen sein. Wer kennt nicht Loriots nervösen Lottogewinner Erwin Lindemann, der einst eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnen wollte. In der kurzlebigen US-Serie Zoo (2015/17) schaffte es Wuppertal sogar in die amerikanischen Nachrichten mit der fiktiven Meldung, dass die Braunbären aus dem hiesigen Zoo ausgebrochen sind. Unter anderem, so war in der Synchronisation zu hören, flüchteten sie „in den Baumwollwald“. Die Folge einer etwas unglücklichen Übersetzung, wurde damals gemunkelt. Denn eigentlich war vom Kothener Forest wohl die Rede. Daraus wurde der Cotton Forest, zu deutsch eben der Baumwollwald.

Doch nicht nur die Stadt kam und kommt zu Film- und Fernsehehren. Tom Tykwer, Christoph Maria Herbst, Horst Tappert, Ann-Kathrin Kramer, Harald Leipnitz, und, und, und – die Liste der Wuppertaler, die sich vor und hinter der Kamera einen Namen machten, ist ebenfalls lang.

Mit Christoph Müller steht sogar ein gebürtiger Wuppertaler an der Spitze des größten deutschen Filmproduktions-Unternehmens, der Constantin Film GmbH. „Ich selbst habe aber noch gar nicht in Wuppertal gedreht“, räumt er ein und schmunzelt: „Eigentlich ist das eine Schande.“ Denn die Stadt würde sehr gute Locations bieten. „Eine Verfolgungsgjagd, über die Treppen, das hätte zum Beispiel was“, sagt Müller. Beim nächsten Mal, wenn Constantin Drehorte suche, werde er wieder an Wuppertal denken, verspricht er.

„Viel Charme“ bescheinigt Marcel Becker-Neu, der gemeinsam mit Marc Schießer und seinem Team hinter der preisgekrönten Serie „Wishlist“ steht, Wuppertal. „Das ist immer noch ein frisches, unverbrauchtes und vielseitiges Motiv“, sagt er und verspricht. „Wir werden auch für unsere zukünftigen Projekte weiter hier drehen.“