Ein schöner Traum
In der aktuellen Ausgabe von „Mina“, dem Wuppertaler Kulturmagazin der Westdeutschen Zeitung, das in Lokalen und Kultureinrichtungen ausliegt, haben wir uns mit dem Weihnachtsmarkt in Elberfeld beschäftigt.
Diesen Beitrag wollen wir, nach dem der echte Markt inzwischen eröffnet wurde, in einem Nachdruck nun auch den Lesern der Tageszeitung präsentieren.
„Am Stand der Lebenshilfe bilden sich richtige Menschentrauben. Seife mit besonderen Duftnoten zu verkaufen, scheint eine ganz gute Idee zu sein. Dass die Stücke dann auch noch wie Schwebebahnen, Elefanten oder der Tölleturm aussehen, ist fast noch pfiffiger. Auf jeden Fall gehen die Seifen mit den Duftnoten Zimt, Kardamom, Kaffee und Marzipan besonders gut auf dem ersten Wuppertaler Weihnachtsmarkt.
Seit einer Woche sind die Buden jetzt offen und jeden Tag scheinen mehr Menschen über die Friedrich-Ebert- und die Herzogstraße Richtung Von-der-Heydt-Platz und Poststraße zu schlendern. Die neuen Holzhäuschen auch vor den City-Arkaden geben dem Platz vor der Geschäftsbrücke einen fast idyllisch dörflichen Charakter. Aber am meisten kommt es offenbar auf den Inhalt an. Hier die Seifen, dort Schnitzereien aus den Troxler-Werkstätten. Ein paar Meter weiter bietet eine Ronsdorfer Knopffabrik ihre Kollektionen an. Die Idee, bergische Produkte zu verkaufen, verfängt offenbar. „Endlich mal ein Weihnachtsmarkt, mit dem man etwas verbinden kann“, sagt ein Passant. Dass er eigens aus Köln gekommen ist, spricht für das neue Konzept. „Ich bin zum ersten Mal in Wuppertal. Schön hier, ganz anders, als ich dachte.“ Er trägt einen eingerollten Kunstdruck vom Verkaufsstand des Von der Heydt-Museums unter dem Arm. „Wirklich ein schöner Weihnachtsmarkt. Das sollten die bei uns in Köln mal machen.“
Auch die Händler sind mit der ersten Woche sehr zufrieden. „Wir verkaufen wirklich gut“, sagt ein Vertreter von Knipex. Der weltweit agierende Cronenberger Zangenhersteller ist der Einladung zur Teilnahme am Wuppertaler Weihnachtsmarkt ebenso gefolgt wie die Solinger Messerschmiede Zwilling sowie Wera und andere produzierende Betriebe. „Made in Bergisches Land“ macht etwas her. Und auf einem Weihnachtsmarkt hat es wahrscheinlich noch nie eine Leistungsschau des Mittelstandes gegeben, schon gar nicht eine so kurzweilige und überzeugende.
Wie vielfältig der Mittelstand ist, zeigen die Bänder aus den Wirkereien in Wuppertal. Sie finden reißenden Absatz. Dabei sind die guten Geschäfte weniger einer Verbeugung vor der großen Wirtschaftsgeschichte Barmens und Elberfelds zu verdanken als vielmehr dem Trend, es sich zu Hause schön zu machen. Und dafür haben die heute kleinen, aber feinen Bandfabriken Wuppertals einiges zu bieten.
Das gilt ebenso für die Backstuben und Gastronomiebetriebe. „Bullebäusken“ und „Wuppertaler Linneweber“ werden gern gegessen, Bergische Waffeln finden schon immer sehr viele Gaumen, und die Appetithäppchen beispielsweise von Scarpati oder von der „Palette“ munden den Besuchern ebenso wie die Pizzaecken von Vapiano, die Filetspieße vom Hüftgold 900 und die frischen Würstchen vom Grill. Auch der Bienenhonig von der Station Natur und Umwelt findet viele Freunde. Als gute Idee hat sich außerdem erwiesen, dass Wuppertals Bühnen Kurzabos anbieten. Viele Besucher vor allem aus dem Umland haben die „Pröbchen“ gekauft, um sich von Oper, Sinfonieorchester und/oder Schauspiel überzeugen zu lassen. Einige werden bestimmt wiederkommen, auch wenn Weihnachten längst vorüber ist.
Endlich mal ein Weihnachtsmarkt, der Augen und Gaumen Freude macht. Und auch die Ohren kommen nicht zu kurz: Auf den kleinen Bühnen vor C&A und am Elberfelder Rathaus singen Chöre mit den Besuchern Weihnachtslieder. An anderen Tagen zeigen die Kleinen von der Bergischen Musikschule, was sie schon gelernt haben. Und die Musikhochschule sowie das Sinfonieorchester ergänzen das Programm ebenso wie die Bands der Bergischen Jazz-Szene. Weihnachtsswing geht immer.
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Verfluchter Wecker. Was ist heute für ein Tag? Montag? Dann wird der Lichtermarkt eröffnet. Mucke spricht. Da muss einer von uns hin. Elberfelder Lichtermarkt. Toll. Wieder Socken, Baseballkappen, Haargummis, Tinnef aus dem Erzgebirge, das ewige Kinderkarussell, Glühweinbuden und „Parfüm- wie-Lagerfeld“-Flacons. Wieder fettige Reibekuchen, Weihnachtslieder vom Tonband, alles wie immer. Alles wie überall. Zeit, aufzustehen. Schöner Traum, wann wirst du Wirklichkeit?