Ein Zeichen des guten Willens
Analyse: Einsparungen, Steuererhöhungen – keine Härte im neuen Haushalt kann die Zahlungsunfähigkeit der Stadt aufhalten.
Wuppertal. Ob sinnvoll oder nicht, ob von der Ratskooperation aus CDU und SPD ausgeklüngelt oder von der Politik geschlossen mitgetragen. Alle Maßnahmen, die den völlig aus dem Ruder gelaufenen städtischen Haushalt irgendwie unter Kontrolle bringen sollen, stoßen immer wieder auf die Ziffer 0 in Paragraf 4 der neuen Haushaltssatzung 2010/11. Sie kennzeichnet die sogenannte Ausgleichsrücklage, also die Reserven, die eigentlich dazu dienen sollten, Einnahmeausfälle aufzufangen. Die 0 zeigt an: Wuppertal ist nächstes Jahr zahlungsunfähig, hat nichts mehr auf der hohen Kante, ist finanziell am Ende.
Warum also - wie am Montag geschehen - noch ein Sparpaket über 60 Millionen Euro beschließen, um einen Haushalts mit 200 Millionen Euro Defizit zu entlasten? Dazu kommen 2011 Kassenkredite in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. "Ein tickende Zeitbombe", nannte das Grünen-Fraktionschef Peter Vorsteher.
Alle Ratsmitglieder und die Spitze der Verwaltung sind davon überzeugt, dass nur Bund und Land der Stadt noch helfen können - zum Beispiel, indem die Kosten für Unterbringung übernommen werden und der Solidaritätsbeitrag Ost abgeschafft wird. Oder indem das Land einen Entschuldungsfonds auflegt.
Davon abgesehen, dass die Stadt von der Kommunalaufsicht verpflichtet wurde, ein Konzept zur Haushaltskonsolidierung vorzulegen, weiß eine große Mehrheit, dass man Forderungen nur dann erheben kann, wenn man selbst mit gutem Beispiel vorangeht - also spart, wo es geht.
Die Grünen und im Prinzip auch die Linke wollen diesem Grundsatz nicht folgen: Zunächst müssen Land und Bund helfen, dann erst ist die Stadt gefragt, lautet ihr Motto.
Die SPD setzt da ganz auf die neue Landesregierung und den Koalitionsvertrag mit den Grünen, der den klammen Kommunen Unterstützung zusagt. "Das Problem der Gemeindefinanzen ist in Düsseldorf angekommen", sagte SPD-Fraktionschef Klaus Jürgen Reese. "Ganz im Gegensatz zu Berlin." Das stimmt nicht ganz, denn auch in Berlin wird über eine Gemeindefinanzreform - bisher ergebnislos - verhandelt.
Also müssen sich die armen Städte noch trefflich mit sich selbst beschäftigen und darüber streiten, ob die beschlossenen 60 Millionen Euro Haushaltsentlastung an der richtigen Stelle eingetrieben werden oder ob getrickst wurde, wie die Wählergemeinschaft für Wuppertal (WfW) mutmaßte. Auch Vorsteher unterstellte bei der Haushaltskonsolidierung politisches Taktieren. Tatsächlich wirken viele Punkte des von Kämmerer Johannes Slawig und Oberbürgermeister Peter Jung (beide CDU) eingereichten Pakets wie taktische Manöver. Der Verkauf von GWG-Anteilen beispielsweise. Die Teilprivatisierung wurde ins Sparpaket mit aufgenommen - im Wissen, dass die SPD dem niemals zustimmen würde und sich nun als Retter der GWG profilieren kann.
Unter der Regie der großen Fraktionen ist vielmehr ein Paket geschnürt worden, das Knackpunkte wie Bäder- und Schauspielhausschließung noch ausklammert, als Zeichen guten Willens gerade noch ausreicht und in Wuppertal möglichst wenig zusätzlichen Schaden anrichtet.
CDU und SPD spekulieren darauf, dass Steuererhöhungen eher geschluckt werden als ein Sozial- oder Kulturabbau mit all den Folgen wie wilden Protesten und Demonstrationen. Da kann die FDP noch so sehr darüber klagen, dass einsamen Hundeliebhabern mit einer Erhöhung der Hundesteuer das letzte Geld aus der Tasche gezogen wird.
Insgesamt lässt es sich in Wuppertal mit den bisher beschlossenen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung noch gut leben. Auch wenn Einrichtungen wie die Volkshochschule unter der Sparliste zu leiden haben, öffentliche Dienstleistungen aufgrund von Personalabbau eingeschränkt werden müssen - von einem Kahlschlag ist das 60-Millionen-Euro-Paket weit entfernt. Aber nur so lange, bis die nächste Runde eingeläutet wird.