Eine App soll Leben retten

Wuppertaler Herzinitiative will Ehrenamtler zu Ersthelfern ausbilden und mit einer Anwendung für das Handy ausstatten. Darüber sollen sie zu Menschen in Not gerufen werden.

Eine App soll Leben retten
Foto: Andreas Fischer

Rund 10 000 Menschen sterben jährlich in Deutschland, weil bei einem Herz- und Kreislaufstillstand der Rettungsdienst nicht rechtzeitig eintreffen kann. Die Wuppertaler Herzinitiative, die sich im Januar 2017 gegründet hat, hat sich jetzt zum Ziel gesetzt, die Versorgung von Herzinfarkt-Patienten in Wuppertal durch eine stärkere Einbindung der Bevölkerung zu optimieren.

Am Mittwoch schilderte der frühere Direktor der Kardiologie des Herzzentrums am Arrenberg, Professor Dr. Hartmut Gülker vom Vorstand der Initiative, was getan werden muss. „Würde man beispielsweise ein verschlossenes Herzkranzgefäß sofort wieder aufmachen, dann könnte der Patient am selben Tag noch nach Hause gehen. Das würde die Sterblichkeit von 30 auf fünf Prozent senken und die Lebensqualität erhalten“, sagt der Kardiologe.

Die Menschen würden zu lange warten, würden sich scheuen, nachts den Notruf 112 zu wählen. „Deshalb vergehen hier rund drei Stunden, optimal aber ist es, zehn Minuten nach Auftreten der Schmerzen anzurufen. Unsere Aktion zielt darauf, Menschen zwischen 18 und 60 Jahren zu Ersthelfern auszubilden. Und sie mit einer entsprechenden App auf dem Handy auszurüsten.“ Diese Helfer würden dann alarmiert, wenn ein Notfall mit Herzstillstand-Verdacht in ihrer Nähe über den Notruf gemeldet wird.

Der Kardiologe weiß aus der Erprobung solcher Systeme, dass Ersthelfer bedingt durch die Nähe oftmals vor den professionellen Rettungskräften vor Ort sind. „Es kommt dabei ja auf jede Minute, im Grunde jede Sekunde an. Je früher mit der Herzdruckmassage begonnen wird, desto besser.“ Wenn bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand keine Reanimation erfolgt, dann setze nach fünf Minuten ein Gehirnschaden ein. Der sei umso gravierender, je länger es dauert.

„Ziel muss sein, den Kreislauf innerhalb von fünf Minuten wieder in Gang zu setzen. Der Notarztwagen brauche aber zwischen acht und neun Minuten, um vor Ort zu sein. In Wuppertal haben wir mindestens eine solche Person jeden Tag. Viele dieser überlebten Todesfälle müssen später in den Heimen gepflegt werden. Das ist ein handfestes Problem“, sagt Professor Gülker.

Die Herzinitiative prüft derzeit die Machbarkeit und Umsetzung geeigneter Angebote im Tal. Der Wuppertaler Chefarzt Professor Dr. Nicolaus Reifart ist dabei federführend. Gemeinsam mit seinem Kollegen Gülker und anderen Notfall erfahrenen Ärzten arbeitet er an einem System, dass in einer Großstadt wie Wuppertal eingesetzt werden kann. Bisher würde es so eine App nur in Ingolstadt und Gütersloh geben.

Neben den Ersthelfern, die eventuell aus dem Kreis der Pfleger, Sanitäter oder der Bademeister kommen, ist das Ziel, ein besonderes Ausbildungskonzept für spätere Ersthelfer zu installieren. Alle Wuppertaler, die sich eine Aus- oder Weiterbildung zutrauen, möchte die Herzinitiative ansprechen und sie bitten, sich zu melden: „Wir bereiten gerne auf ein Ehrenamt ganz nah am herzkranken Menschen vor“, betont Gülker und sieht das als eine typische Gemeinschaftsaufgabe an.

Würden sich 10 000 Herzretter melden, wäre das Problem gelöst. Aber auch wenn es 700 wären, würde sich die Initiative freuen. „Eine Herzmassage, das kann wirklich jeder lernen. Eine Mund-zu-Mund-Beatmung muss nicht sein“, versichert der Kardiologe. Überleben und Lebensqualität nach dem Infarkt hängen davon ab, wie viel Herzmuskel gerettet werden kann.