Eine Führung über die Hardt — und tief in die Erdgeschichte
Hubert Leonard Nobis vom Umweltressort der Stadt berichtete aus einer Zeit, als das heutige Wuppertal in Äquatornähe lag.
Hardt. Wer die Stufen zur Hardt hinaufsteigt, dem fallen vielleicht kleine runde Muster in der einen oder anderen Sandsteinstufe auf. Das sind Fossilien, Querschnitte von Seelilien. Sie erzählen von einer Zeit, die rund 380 Millionen Jahre zurückliegt. Damals lag die Gegend, die einmal das Wuppertal werden sollte, in Äquatornähe. Und die geologischen Schichten, die jetzt anstehen, bildeten einmal den Boden eines subtropischen Flachwasser-Meeres. Rund 20 Interessierte waren zur Geologischen Wanderung auf die Hardt gekommen. Der Geologe Hubert Leonard Nobis vom Umweltschutz-Ressort der Stadt führte sie herum und tief in die Erdgeschichte.
„Damals lag die Gegend hier vor der Küste des Old red Continent, wie wir Geologen ihn nennen“, erklärte Nobis. Damals bildeten sich die Sandstein- und Kalksteinschichten, die in der Region mehr oder weniger von Südwest nach Nordost verlaufen. Später erst hob sich das alles, und noch später bildete sich durch Auffaltung die Hardt. Dabei nahm sie auch Trümmer von Korallen mit hoch. Wellen hatten sie einst abgeschlagen, die sich bildende Gesteinsschicht schloss sie ein. Das, was einmal das Wuppertal werden sollte, gehörte zu einem großen Riffsystem, das sich bis Hagen hinzieht. Wie das Great Barrier Reef vor Australien.
Hubert Leonard Nobis über den alten Sandsteinbruch an der Waldbühne
Und heute kann Nobis seinen Zuhörern Brocken daraus zeigen. Dort am Westhang der Hardt, unten, wo sie Mitarbeiter des Kluterthöhlen-Vereins freigelegt haben. Zwei winzige Stahltürchen weisen auf den Grund hin: Man ist auf weitere Höhlen im Kalkstein gestoßen und versucht, die schmalen Verläufe freizuräumen und ihnen so weit wie möglich zu folgen. Vielleicht gibt es ja sogar einen Anschluss zu den bekannten Hardthöhlen.
Wuppertal am Äquator, das erfordert ein bisschen Fantasie. Weniger Fantasie braucht es, sich vorzustellen, dass nicht nur ein Fluss von Norden her Sand ins Meer transportiert hat. Nobis: „Es gab auch noch stärkere Niederschläge in dem damaligen Klima, die dazu beitrugen.“ Starke Niederschläge, eingesessene Wuppertaler sollte das nicht überraschen. Dass die Geologie der Hardt und des Wuppertales durchaus Wirkung auf menschliches Handeln hatte und hat, erfuhr, wer Nobis zum alten Sandsteinbruch bei der Waldbühne folgte. „Hier durften sich die Elberfelder Steine für ihre Häuser holen.“
Und er erzählt weiter, dass der Untergrund in der Stadt sehr unregelmäßig ist. Es ist unterschiedlich, wann man auf festen Fels stößt. Weshalb sein Ressort bei etlichen Bauvorhaben zurate gezogen wird. So manches Gebäude ruht, der Standsicherheit wegen, auf Betonsäulen. Der Rathausanbau in Barmen ist ein Beispiel dafür. Kalkstein ist ein tückischer Untergrund, nicht zuletzt wegen eventueller Hohlräume, die durch Auswaschungen entstehen — wobei wir wieder beim Thema Regen wären.
Die Hardhöhlen allerdings seien durch Grundwasser ausgewaschen, so Nobis. Vor etwa 100 Millionen Jahren sei das gewesen, alles steckte noch tief im Boden. Von der Entstehungszeit der Hardt-Schichten kann man sogar einen Bogen zum Botanischen Garten schlagen. Man muss etwa 400 Millionen Jahre zurückgehen, da gab es Pflanzen nur im Meer. Aber die ersten hatten gelernt, längere Trockenzeiten zu überstehen. Sie waren damit auf dem Sprung, das Land zu erobern. Von dort führt ihre Spur bis zu den Farnwäldern des Carbon, der Grundlage des Ruhrkohlebergbaus, und weiter und immer weiter bis zum Krokus unter dem Elisenturm.