Kunst im öffentlichen Raum Eine machtvolle Demonstration von 100 Wuppertaler Künstlern

Die Stadt als Galerie - „out and about - Kunst geht raus“ geht in die dritte Runde mit hundert Teilnehmern und insgesamt 170 Werken.

Die Stadt wird immer mehr zur Ausstellungsfläche, auch dank Frank N.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Wenn die Menschen nicht zur Kunst kommen können, kommt die Kunst eben zu den Menschen. Eine Erkenntnis, die hinter der Aktion „Out and about - Kunst geht raus“ steht. Seit Ende April verwandelt sie die Stadt schrittweise in eine Open-Air-Galerie. Aus der kleinen Kunst-Präsentation mit vier Künstlern wird nun eine mächtige Kunst-Demonstration mit 100 Mitwirkenden „all over the city“. Motor ist Film- und Fotokünstler Frank N, der für sich in der Krise erkannt hat: „Wenn keine Jobs mehr zu mir kommen, dann mache ich mir eben einen. Auch wenn der sehr arbeitsintensiv ist. Wenn der dann noch so gut ankommt, ist das doch einfach großartig.“

Die Idee, Plakatwände für Kunst zu nutzen, ist nicht neu. Warum setzen Sie sie gerade in der Coronakrise um?

Frank N: Kunst auf Plakatwänden in der Stadt finde ich einfach cool. Als die Coronakrise kam, war es wie ein Blitz: ‚Wann, wenn nicht jetzt.’ Und da es schnell gehen musste, weil wir nicht wissen, wie lange Ströer seine mangels Veranstaltungswerbung freien Plakatwände zur Verfügung stellen kann, waren wir zunächst ein kleines Team aus vier Leuten.

Die mit 16 Plakatwänden starteten. In einer zweiten Runde waren es zehn Künstler, nun sind es hundert. Eine dynamische Entwicklung.

Frank N: Dass „Out and about“ wachsen würde, war uns immer klar. Kunstinteressierte finden die Idee in der Regel gut, da ist es nicht verwunderlich, dass sie dabei sein wollen. Überwältigt hat es uns dann dennoch, dass so viele in so kurzer Zeit mitmachen. Die Ausschreibung für Runde drei lief ja nur drei Tage.

Wie ist das Feedback der Kunstkonsumenten?

Frank N: Es gibt einige, die es zu einem kleinen Sport gemacht haben, die Wände mit dem Rad abzufahren. Das weiß ich aus Gesprächen, Mails und den Sozialen Medien. Ganz nebenbei tun sie damit auch noch etwas für ihre Gesundheit und lernen die Stadt besser kennen. Ich weiß auch von Menschentrauben, die hier und da entstanden sind.

Gibt es auch negative Resonanz?

Frank N: Ich weiß aktuell von keiner einzigen Zerstörung, auch nur von wenigen Übersprayungen, ein Plakat wurde versehentlich überklebt. Und manchmal, wie bei Andreas M. Wieses Frauenkopf an der Schwebebahnstation Robert-Daum-Platz, fand eine sorgfältige kreative Veränderung statt. Ich persönlich finde, dass Kunst im öffentlichen Raum nun mal verändert werden kann. Zumindest muss man mit der Möglichkeit rechnen, unsere Präsentation hat ja auch was von Street Art.

Wie werden die Werke in der Stadt verteilt?

Frank N: Insgesamt werden wir 170 Bilder hängen haben. Die Standorte haben wir ausgewählt. Mitarbeiter von Ströer kleben die Plakate. Bei der ersten Runde haben wir noch eine formal geschlossene Geschichte erzählt, in der zweiten wurde es schon diffuser, jetzt geht es mehr um die Kunst-Demonstration ‚wir sind da’, und da wird nach dem Zufallsprinzip gehängt.

Gibt es Hotspots?

Frank N: Einige – zum Beispiel die Legobrücke, Rudolf- und Sonnborner Straße und der Bereich Ecke Wittener Straße/Schwarzbach.

Wie wählen Sie aus, wer mitmacht?

Frank N: Viele konnten wir nehmen, ansonsten achten wir darauf, dass die Kunst im Plakatformat wirkt. Und natürlich haben wir auch ein paar objektive Kriterien.

Gibt es eine thematische Vorgabe?

Frank N: Nein, wir sind thematisch offen, wir hätten ja neue Arbeiten zur Coronakrise vorgeben können, wollten wir aber nicht.

Das Projekt soll den Künstlern in Wuppertal finanziell helfen.

Frank N: Nach all dem Hickhack um staatliche Soforthilfen haben wir entschieden, dass wir uns selbst helfen: Kunst hilft Kunst. Mittlerweile haben wir schon 830 Euro für den EinTopf beisammen. Zwar sind noch keine Bilder verkauft worden, aber der Aufwand durch Druckerei, Hängung und so weiter ist so groß geworden, dass wir in der dritten Runde eine Teilnehmergebühr erhoben haben, von der jeweils 10 Euro an EinTopf gehen.

Es gibt auch eine Website zum Projekt.

Frank N: Die fast auf Stand ist. Alle Künstler sind mit eigener Seite verlinkt, der QR-Code am Plakat erlaubt Zusatzinfos vor Ort. Nun müssen wir noch die Standorte auf der Karte mit den Künstlern verlinken.

Kommt noch eine vierte Runde?

Frank N: Ideen gibt es viele, entschieden ist noch nichts.

Wird Ihnen das Ganze nicht manchmal zuviel?

Frank N: Sicher haben wir, und damit meine ich vor allem Birgit Pardun und mich, 24/7 zu tun. Ich kriege die Coronakrise gar nicht mehr mit. Vielleicht wäre etwas mehr Schlaf gut. Aber wir denken beide total vorwärtsorientiert. Mir geht es gut.