Eine Schau bricht alle Rekorde
Renoir sorgte für die erfolgreichste Ausstellung aller Zeiten. Gerhard Finckh, Leiter des Von der Heydt-Museums, zieht Bilanz.
Herr Finckh, wie werden Sie Ihre Vorgängerin Sabine Fehlemann in Erinnerung behalten?
Gerhard Finckh: Die Nachricht von ihrem Tod trifft mich sehr. Ich kannte sie seit 20Jahren und habe sie sehr geschätzt. Sie hatte eine charmante und beharrliche Art, mit Menschen umzugehen und Ziele zu erreichen. Sie hat das Museum nach vorne gebracht.
Inzwischen sind Sie derjenige, der das Museum nach vorne bringt. Können Sie dabei überhaupt noch Rot sehen?
Finckh: Sie meinen, weil die Wände während der Renoir-Ausstellung rot gestrichen waren?
Ja, genau.
Finckh (lacht): Natürlich! Ich kann mich an Rot gar nicht satt sehen...
Das ist eigentlich auch kein Wunder. 92825 Besucher haben die Renoir-Ausstellung gesehen. Haben Sie mit einem solchen Erfolg gerechnet?
Finckh: Ich hatte schon erwartet, dass der Name Renoir Zugkraft hat. Aber mit einem solchen Riesenerfolg hatten wir dann doch nicht gerechnet. Es ist - so weit wir das wissen - die erfolgreichste Ausstellung seit Bestehen des Von der Heydt-Museums. Darauf sind wir natürlich stolz.
Wie erklären Sie sich den enormen Zuspruch?
Finckh: Zunächst durch den großen Namen. Außerdem gab es seit langem keine Renoir-Ausstellung in Deutschland. Die Reaktionen zeigen aber auch ganz deutlich, dass wir mit dem Schwerpunkt richtig lagen: Es gab ein großes Interesse daran, dass wir nicht nur süßliche Mädchen-Porträts präsentieren, sondern Landschaften in den Mittelpunkt stellen wollten, also einen anderen Renoir gezeigt haben.
Ein großer Name allein führt ja auch nicht automatisch zum Erfolg. Haben Sie die Renoir-Schau anders vorbereitet als andere Ausstellungen?
Finckh: Durch die finanzielle Unterstützung der Jackstädt-Stiftung konnten wir mehr Werbung machen. Und außerdem haben wir neue Möglichkeiten ausgelotet. Das war sehr wichtig. Wir haben festgestellt: Werbung zahlt sich aus.
Wie sah die Werbe-Offensive aus?
Finckh: Es gab größere Plakate und mehr Anzeigen. Wir sind neue Wege gegangen - das hat sich gelohnt. Die WZ-Sonderbeilage zur Renoir-Ausstellung war sehr schnell vergriffen und ein großer Erfolg - genauso wie die Zusammenarbeit mit Einzelhändlern in Elberfeld. Wir haben sie gezielt gefragt, ob sie unser Plakat aushängen. Das haben viele dann auch gemacht. Ein farbenfrohes Plakat im Schaufenster erzeugt ja auch eine positive Stimmung, belebt den Einzelhandel. Dadurch gewinnen am Ende beide Seiten.
Die Stadt hat vor allem auch als touristisches Ziel gewonnen. Es gab ausgesprochen viele auswärtige Besucher, die durch die Ausstellung zum ersten Mal nach Wuppertal gekommen sind.
Finckh: Ja, das hat mich sehr gefreut. Und es zeigt, dass eine Ausstellung ein schöner Anlass sein kann, um eine Stadt zu erkunden.
Wie wichtig ist es dabei, dass ein Museum nicht nur inhaltlich, sondern auch als Aushängeschild der Stadt von sich reden macht?
Finckh: Sehr wichtig. Das Museum macht Marketing für die Stadt. Auch die Hotels haben davon profitiert: Wir haben zum ersten Mal spezielle Wochenendangebote geschnürt. Für Renoir-Besucher gab’s sogar einen Rabatt im Parkhaus. Die Kultur-Pakete, die wir zusammen mit Wuppertal Marketing und anderen Kulturträgern wie Schwebebahn, Theater und Hotels angeboten haben, wurden sehr gut angenommen.
Gibt es konkrete Zahlen?
Finckh: Es wird demnächst ein Treffen mit Wuppertal Marketing geben. Dann werden Zahlen vorliegen und analysiert. Was das Museum betrifft, kann ich sagen: Wir haben mehr als 1100 Führungen angeboten, mehr als 3000Kataloge und mehr als 1000DVDs verkauft.
Wie viele Führungen gibt es normalerweise?
Finckh: Bei anderen Ausstellungen haben wir im Durchschnitt 200Führungen. Der Zuspruch bei Renoir war also sensationell.
Er war sogar so sensationell, dass Sie das Museum bei der Vernissage zeitweilig schließen mussten.
Finckh: Ja, das war unglaublich. Auch später gab es immer wieder Schlangen und Wartezeiten bis zu einer Stunde. Wir haben uns aber bemüht, die Wartezeit so kurz wie möglich zu gestalten, und zwei Kassen geöffnet. Wir mussten die Zahl der Gäste, die zeitgleich in die Ausstellung durften, immer wieder begrenzen, weil es zu voll und zu warm wurde. Das ist nicht gut für die Bilder.
Wer in der Ausstellung den Renoir-Film gesehen hat, konnte Sie auf DVD erleben. Mussten Sie als "Filmstar" Autogramme geben?
Finckh (lacht): Nein, so weit ging die Euphorie dann doch nicht. Aber viele Gäste haben mich bei Rundgängen durch die Schau wieder erkannt. Da hieß es dann: "Sie haben wir doch gerade im Film gesehen!" Und dann schloss sich in der Regel ein Lob für die Ausstellung an.
Sie haben beinahe eine magische Grenze erreicht. Sind 100000 Besucher die nächste Zielmarke?
Finckh: Wir sind kein "Haus of Events", werden aber versuchen, regelmäßig große Publikumsmengen zu bewegen. Alle zwei Jahre eine so herausragende Ausstellung zu haben, wäre ein Traum. Die nächste große Schau planen wir für 2009 - mit Werken französischer Impressionisten.
Und was folgt direkt auf Renoir?
Finckh: Auch 2008 wird spannend. Nach der großen Renoir-Schau setzen wir einen Wuppertaler Akzent. Vom 24.Februar bis zum 18. Mai präsentieren wir "Meisterwerke aus Wuppertals großen Privatsammlungen" - und zwar mit dem Schwerpunkt Expressionismus. Wir zeigen damit, dass sich Wuppertal nicht verstecken muss, sondern schon immer eine Stadt mit vielen kulturellen Schätzen gewesen ist.
Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Erfahrungen mit Renoir?
Wie viel Marketing gehört dazu?
Das Von der Heydt-Museum konnte mit Renoir überregional punkten. Wie zufrieden sind Sie mit dem Bekanntheitsgrad?
Finckh: Wir freuen uns über die Reaktionen, wollen es aber nicht übertreiben, also kein Spektakel nach dem anderen produzieren, sondern in erster Linie wichtige künstlerische Positionen zeigen - und für die Stadt nutzen. Bei meinem letzten Urlaub wurde ich gefragt: "Wuppertal - ist da nicht Pina Bausch?" Wenn ich beim nächsten Mal nach Indien fahre und gefragt werde "Wuppertal - sind da nicht Pina Bausch und das Von der Heydt-Museum?", dann haben wir es geschafft.
Herr Finckh, vielen Dank für das Gespräch.