Eine Türklinke mit Vierkantstift auf dem Nachttisch
Kolumnist Uwe Becker musste sich am Osterwochenende aus einer misslichen Lage befreien.
Ich habe am motorisierten Straßenverkehr, der im hohen Maße für die ungesunden Luftverhältnisse in unserer Stadt verantwortlich ist, eigenverantwortlich nur von 1970 bis 1971 teilgenommen, als ich im Besitz eines Mofas war, mit dem ich von Wuppertal-Barmen nach Schwelm fuhr, um meinen Ausbildungsplatz zu erreichen. In der Stadt, die vielen Wuppertalern nur vom jährlichen Heimatfest bekannt ist, absolvierte ich in einem Betrieb der Automobilbranche eine Ausbildung zum Bürokaufmann.
Die Lehrstelle besorgte mir mein Vater ohne vorherige Absprache, da ich mich nach bestandenem Hauptschulabschluss (Note 3,1) nicht konstruktiv und gewinnbringend genug an Diskussionen beteiligte, die meine Zukunftsplanung betrafen. Ich war noch keine 15 Jahre alt, hatte sehr lange Haare, hörte The Cream, The Doors, spielte Fußball, und mein erster Zungenkuss lag gerade hinter mir.
Begrabt mein
Herz in Wuppertal
Diese Zeilen, die sie gerade gelesen haben, schrieb ich am Karsamstag. Meine Kolumne wollte ich eigentlich am Sonntag, den 1. April, nach dem Osterfrühstück schwungvoll und entspannt fortführen, doch dazu kam es nicht, weil mich ein Missgeschick ereilte, welches ich ihnen nun schildern möchte: Es geht um die beiden Klinken meiner Schlafzimmertür, die ich neu montieren wollte, weil sie sich gelockert hatten. Ich löste zunächst die kleine Schraube und zog die Griffe aus dem Türblatt, um die Klinken etwas zu reinigen. Hierfür legte ich beide Griffe auf meinen Schreibtisch im Flur ab.
Als ich noch mal ins Schlafzimmer ging, um meine Hausjacke anzuziehen, die noch auf dem Bett lag, fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Als ich wieder in den Flur wollte, musste ich feststellen, dass ich nicht mehr aus meinem Schlafzimmer kam, weil beide Türklinken, auch die wichtige mit dem Vierkantstift, im Flur lagen. Der Vierkantstift wird auch als Drückerdorn oder Dornstift bezeichnet, was ich aber erst später nachlesen konnte.
Mein Smartphone hatte ich zwar in der Hosentasche, aber leider war der Akku leer, so konnte ich auch niemanden anrufen, der mich aus der misslichen Lage hätte befreien können. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, die Schlafzimmertür zu öffnen, musste ich meine Wohnung irgendwie verlassen, um mir Hilfe zu holen.
Zum Glück wohne ich Hochparterre. Ich sprang also aus dem Fenster und ging auf Socken durch den Regen (Schuhe waren ja auch im Flur) um die Ecke zu meiner Wirtin von der Auer Schule. Ich setzte sie davon in Kenntnis, dass ich mir von ihr eine Türklinke mit Vierkantstift ausleihen müsste. Die gute Frau klingelte lieber bei ihrem Vermieter, der dann spontan eine Klinke aus der Türe seiner Abstellkammer zog und mir diese nebst Schuhen für den Heimweg überreichte. Zusätzlich gab er mir noch eine kleine Leiter mit, damit ich wieder bequem durch das offene Fenster in mein Schlafzimmer konnte.
Ich wartete mit dem Einstieg, bis kein Mensch auf der Straße in Sichtweite war, damit ich niemanden dazu animierte, die Polizei zu rufen. Zur Sicherheit habe ich ab jetzt auf meinem Nachttisch eine Türklinke mit Vierkantstift liegen. Wie es mir in meiner Lehre erging, und wie mein weiteres Leben als Automobilkaufmann verlief, werde ich dann in einer späteren Kolumne ausführlicher schildern.