Wuppertal Elberfelder Friedhöfen fehlen 13 Millionen Euro

80 Prozent der Angehörigen wählen die günstigere Urnenbestattung. Das führt zu sinkenden Einnahmen.

Ilka Federschmidt und Ingo Schellenberg.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Eine Urne benötigt einen Quadratmeter Platz in der Erde, ein Sarg 2,40 mal 1,20 Meter. Inzwischen wählen jedoch mehr als 80 Prozent der Elberfelder Angehörigen eine Urnenbestattung, während es in den 80er Jahren nur vier Prozent waren. Dadurch werden große Friedhofsflächen überflüssig. Außerdem sieht Ingo Schellenberg, Geschäftsführer des evangelischen Friedhofsverbands Wuppertal, eine „sinkende Bereitschaft, für diesen Bereich des Lebens Geld auszugeben“. Der Trend geht zu pflegeleichten, billigen Bestattungen. So wurden gestern am Friedhof Am Bredtchen in der Alten Kapelle Kolumbarienwände eingeweiht, bei denen die Urnen hinter Glas in einfachen Regalen verstaut werden. „Wir haben auch eine starke Tendenz, Familiengrabstätten aufzulösen oder zu verkleinern“, sagt Ingo Schellenberg.

Das alles führt zu stark sinkenden Einnahmen, während die Kosten für Energie, Entsorgung und Personal stetig steigen. Gleichzeitig stehen viele bröckelnde Elemente der Friedhöfe wie Mauern, Eingangsportale oder Kapellen unter Denkmalschutz, was die Sanierung teuer macht. Besonders stark betroffen von den finanziellen Problemen sind die vier Elberfelder Friedhöfe (Am Bredtchen, Krummacherstraße, Hochstraße reformiert und lutherisch). Die vier dazugehörigen Gemeinden hatten die Verwaltung ihrer Friedhöfe lange Zeit selbst verantwortet und erst 2016 den Friedhofsverband damit beauftragt. Durch das Bestreben, dort die Bestattungskosten niedrig zu halten, wurden viele notwendige Unterhaltungsarbeiten nicht durchgeführt.

Gemeinden denken über den Verkauf von Immobilien nach

Im Laufe von 20 Jahren entstand so ein Sanierungs-Stau von 13 Millionen Euro, den die vier Gemeinden jetzt abtragen müssen. Alleine für die kommenden vier Jahre müssen sie rund fünf Millionen Euro in die Friedhöfe investieren. Deshalb denken die betroffenen Gemeinden auch über den Verkauf von Immobilien nach. „Bis 2030 müssen gleichzeitig die Pfarrstellen deutlich reduziert werden“, nennt Superintendentin Ilka Federschmidt einen Aspekt, der mit dem möglichen Verkauf von Immobilien eng zusammenhängt. Zum Januar 2020 sollen jetzt die vier Elberfelder Gemeinden dem Evangelischen Friedhofsverband beitreten und ihm die Verwaltung der Friedhöfe endgültig übergeben. Ab 2023 sollen die laufenden Erträge die Ausgaben dieser Friedhöfe decken.

Durch den geringeren Flächenbedarf der Urnen müssen die Friedhöfe in den nächsten Jahren schrumpfen. Die Verantwortlichen rechnen in Elberfeld mit rund 20 Hektar Land, das von den Friedhöfen aufgegeben werden muss. In allen Stadtteilen gemeinsam sind es 70 bis 75 Hektar, rund die Hälfte der 146 Hektar Friedhofsfläche in Wuppertal. Wird die Schließung einer Fläche beschlossen, werden dort keine weiteren Bestattungen mehr erlaubt. 25 bis 40 Jahre später steht das Gelände für eine andere Nutzung zur Verfügung. Manche Menschen trifft so ein Beschluss hart, wenn jemand nicht mehr neben seinem Ehepartner oder im Familiengrab bestattet werden kann. „Da kommen große seelsorgerische Aufgaben auf uns zu“, so Federschmidt.

An Haus- oder Wohnungsbau ist bei den meisten Flächen nicht zu denken: Betroffene Flächen an der Hainstraße etwa dienen als Frischluftschneise für die Nordstadt. Die allermeisten der zur Schließung vorgesehenen Bereiche können also auch in Zukunft nur als Grünanlagen fungieren. Ideen dafür haben die Kirchenvertreter viele: „Man könnte dort Trauerpfade anlegen, naturbelassene Flächen mit Bienenweiden, Urban Gardening oder Lehrpfade für Schulen“, schlägt Ilka Federschmidt vor. Außerdem hofft sie, dass die Wuppertaler wieder Lust auf ihre Friedhöfe bekommen, sie als wertvolle Parkanlagen schätzen lernen und so das Thema Tod in die Mitte des Lebens zurückgeholt wird.