Förderung Stadt und Jobcenter werben für Teilhabepaket
Wuppertal · Viele Millionen Euro für Sport- oder Musikkurse werden nicht abgerufen.
Eine Studie des Paritätischen Wohlverbandes zur Nutzung des Bildungs- und Teilhabepaketes (BUT) sorgte für Ernüchterung: Danach profitieren bundesweit nur maximal 15 Prozent der Leistungsberechtigten von dieser Förderung für Kinder und junge Erwachsene.
Rund 5,5 Millionen Euro wurden 2016, 2017 und 2018 in Wuppertal pro Jahr für Nachhilfe, Klassenfahrten und Schulausflüge sowie Sport- und Musikkurse abgerufen. Diese Summe könnte weit höher sein, denn nur jede dritte berechtigte Familie in Wuppertal hat die Hilfe in Anspruch genommen. Am Geld fehlt es ausnahmsweise nicht, denn der Bund hat die Fördergelder nicht gedeckelt.
Das Bildungs- und Teilhabepaket sei Murks und gehe komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Stadt und Jobcenter wollen hingegen mit einer Informations- und Aufklärungskampagne den Hebel bei den Berechtigten und den sogenannten Multiplikatoren in den Schulen, Kitas, Vereinen und Verbänden ansetzen. „Es geht bei dem Bildungs- und Teilhabepaket nicht allein um die Bekämpfung finanzieller Armut, sondern darum, dass es nicht sein darf, dass so viele Menschen keine Chance haben, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Das Geld ist da, es sollte genutzt werden“, sagt Oberbürgermeister Andreas Mucke. Jedes siebte Kind in Wuppertal ist auf öffentliche Unterstützung angewiesen.
Antragstellung ist nicht mehr so bürokratisch wie früher
Mit der Nachfrage im Bereich Teilhabe ist Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters, nicht zufrieden. Es hakt dort, wo die Antragsteller vermeintlich auf sich allein gestellt sind. „Die Anträge sind überhaupt nicht mehr bürokratisch, sie müssen aber nun einmal gestellt werden. Im Bereich Teilhabe stehen pro Kind 180 Euro im Jahr zur Verfügung. Legt man einen Jahresbeitrag von 80 Euro für die Vereinsmitgliedschaft zugrunde, dann reicht das für zwei Mitgliedschaften“, sagt Lenz. Leider fühlten sich Familien, für die das Bildungs- und Teilhabepaket gedacht sei, nicht automatisch von dem Angebot angesprochen. Bezugsberechtigt sind dabei nicht nur Kunden des Jobcenters, sondern alle, die Wohngeld beziehen.
Weit besser läuft es, wenn es zum Beispiel um Ausgaben für Klassenfahrten oder Schulausflüge geht. Das liegt darin begründet, dass in diesen Fällen die Schule bei der Antragstellung unterstützende oder gar treibende Kraft ist. Im vergangenen Jahr wurden 3700 Anträge für Zuschüsse bei Klassenfahrten gestellt und bewilligt.
Sozialdezernent Stefan Kühn weist darauf hin, dass sich die Antragsteller nicht als Bittsteller fühlen müssen. Die Förderung stehe ihnen zu, denn das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass der Bedarf für Kinder und Jugendliche neu berechnet werden müsse, da bei den pauschalen Leistungssätzen der Aspekt der angemessenen Förderung gesellschaftlicher Teilhabe von Kindern und Jugendlichen nicht berücksichtigt wurde. Ziel sei es, in Zukunft mehr als die bisher 27 Prozent der Berechtigten von den Angeboten zu überzeugen und sie bei der Antragstellung zu unterstützen. Das fördere die Chancen der Kinder. „Der staatliche Auftrag der Jobcenter ist nicht auf die Auszahlung des Geldes beschränkt“, sagt Thomas Lenz.