Springmann-Prozess Enno Springmann hatte „richtig Angst, dass man ihm was antut“

Die langjährige Geliebte des ermordeten Unternehmers sagte am Landgericht aus. Ermordeter soll seinem Enkel misstraut und sich von ihm hintergangen gefühlt haben.

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Der im März 2017 gemeinsam mit seiner Ehefrau ermordete Enno Springmann hat in den letzten Monaten vor seinem gewaltsamen Tod offenbar unter Angstzuständen gelitten und sich sowohl von seinem Sohn wie auch seinem Enkel enttäuscht gezeigt. Das erklärte eine frühere Geliebte des Unternehmers am Mittwoch in dem Doppelmord-Prozess am Landgericht Wuppertal.

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Der Kontakt zu seinem Sohn habe Enno Springmann bei Zeiten abgebrochen, weil dieser mehrere Firmenpleiten hingelegt und Geld verschwendet habe. Zudem habe ihn sein Enkel enttäuscht, weil dieser angeblich studiert haben sollte, aber keine Bescheinigungen der Universität vorlegen konnte. Überdies soll er Enno Springmann nach dessen Angaben in einer Erbschaftsangelegenheiten und bei der Verwaltung von Immobilienfragen hintergangen habe, erklärte die 83 Jahre alte Rentnerin in einer Video-Übertragung. Aus gesundheitlichen Gründen und weil sie eine Begegnung mit dem angeklagten Enkel scheute, wurde die Zeugin in einem getrennten Raum angehört.

Die Zeugin, eine frühere Steuerfachgehilfin, die später auch als Hausverwalterin gearbeitet hatte, hatte das Ehepaar Enno und Christa Springmann im Juli 1962 kennengelernt. Mit Enno Springmann habe sie in der Folge eine enge Liebesbeziehung unterhalten. Sie bezeichne sich zwar nicht als seine Lebensgefährtin, sei mit Enno Springmann aber „durchs Leben gegangen“ und habe alle „Hochs und Tiefs“ erlebt, erklärte sie. Noch am Todestag, einem Sonntag, habe sie am Morgen mit Enno Springmann telefoniert. 54 Jahre habe sie engen Kontakt zu dem Ermordeten gehabt und fast täglich mit ihm gesprochen. Er habe ihr über seine Probleme und Sorgen erzählt. Im Dezember 1974 wurde ihre Ehe mit ihrem Mann geschieden, erklärte die Zeugin - auch wegen der Beziehung zu dem Unternehmer. Danach sei der Kontakt zu Christa Springmann und deren Sohn abgebrochen.

Während die Beziehung Enno Springmanns zu seinem Sohn sehr schlecht gewesen war und es rund 20 Jahre lang keinen Kontakt zwischen den beiden gegeben habe, sei das Verhältnis von Springmann senior zu seinem Enkel zunächst sehr gut gewesen. Spätestens ab dem Jahr 2016 habe sich die Beziehung aber eingetrübt, das Misstrauen bei Enno Springmann seinem Enkel gegenüber sei „immer stärker“ geworden, erklärte die Zeugin. Deshalb habe er auch seine finanzielle Unterstützung für den Enkel eingestellt. Er habe ihr außerdem einmal gesagt: „Mein Enkel tritt in die Fußstapfen meines Sohnes, dem Verbrecher!“

Enno Springmann lebte nach Angaben der Zeugin ständig in Angst um seine Sicherheit, empfing in seinem Haus in Ronsdorf keine Besucher und schloss zudem immer wieder sein Schlafzimmer ab, das er getrennt von seiner Ehefrau genutzt hatte. Zudem kaufte er sich immer wieder Jacketts, die eine Nummer zu groß waren, weil er Wertgegenstände am liebsten am Körper trug. Enno Springmann habe „richtig Angst gehabt, dass man ihm was antut“, erklärte sie. Zudem soll er ihr gegenüber gesagt haben, dass jemand an der Schlafzimmertür des Hauses von außen manipuliert haben soll. Das Gespräch fand drei Tage vor dem Doppelmord statt. Zwei Tage vor der Tat hatte Enno Springmann der Zeugin von einem „fürchterlichen Krach“ erzählt, den es in der Familie gegeben haben soll. Welche Familienmitglieder an dem Disput beteiligt waren, konnte die Zeugin nicht sagen. Sie vermute aber, dass es die Schwiegertochter und der Enkel gewesen waren.

Der Verteidiger des Enkels, Klaus Bernsmann, bekräftigte vor der Anhörung, dass die Zeugin aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht angehört werden sollte - und sie - falls doch - zumindest im Gerichtssaal erscheinen sollte. Aufgrund eines Beschlusses des Gerichts wurde die frühere Geliebte dann doch angehört, da sie laut einem medizinischen Attest die „kognitiven“ - also geistigen - Fähigkeiten für eine Befragung mitbringt, wie der Vorsitzende Richter Robert Bertling erklärte. In der Anhörung durch die Verteidigung verwies Bernsmann auf einen möglichen Widerspruch in der Aussage der Zeugin, wonach Enno Springmann seinen Enkel als Verbrecher bezeichnet haben soll. Er hielt der Zeugin unterschiedliche Aussagen zwischen den polizeilichen Protokollen und der Aussage vor Gericht vor. Erkennbar war die Absicht der Verteidigung, die Glaubwürdigkeit der Frau zu erschüttern.

Die Anhörung der Zeugin wurde in Rücksprache mit den Verfahrensbeteiligten am Mittag ausgesetzt und soll am 9. Juli, dem nächsten Prozesstag, weitergeführt werden. Vor allem die Verteidigung hat offenbar noch reichlich Fragen an die ehemalige Geliebte.

In dem Verfahren sind der Enkel (26) und sein mutmaßlicher Komplize (45) wegen Mordes angeklagt. Bislang schweigen die beiden zu den Vorwürfen, so dass das Gericht bis jetzt ausschließlich auf Indizien angewiesen ist. Das Ehepaar Springmann war am 20. März 2017 tot in seinem Haus in Ronsdorf entdeckt worden.