Er teilt sein Leben mit 22 000 Anhängern

Tim Reuber ist Influencer. Täglich veröffentlicht er Fotos und Texte im Internet — und will einmal davon leben.

Foto: Andreas Fischer

Tim Reuber steht mit freiem Oberkörper auf einer Wiese und hält einen Minidonut in der Hand. Dazu ist ein Text zu lesen: „Vertrauen... es ist schwer aufzubauen, doch ganz leicht wieder zu zerstören.“ Solche Fotos von sich stellt der gebürtige Wuppertal täglich auf der Social-Media-Plattform Instagram ins Internet — und inzwischen folgen ihm fast 22 000 Anhänger. Reuber ist Influencer. Was er im Netz schreibt und zeigt, hat soviel Gewicht, dass Unternehmen ihn längst als Werbeträger entdeckt haben. Wo es den leckeren Minidonut zu kaufen gibt, das verrät Reuber in seinem Text nämlich auch.

Was heute für Tim Reuber, der bei Instagram „isek___“ heißt, ein Beruf geworden ist, war noch vor zwei Jahren ein Hobby. „Ich hatte nie Ambitionen, mit Instagram erfolgreich zu werden“, sagt der 24-Jährige. Eigentlich, so sagt Reuben, sei er ein Mensch, dem es schwer fällt, sich vor anderen zu öffnen. „Ich kann schwer Emotionen zeigen. Aber wenn ich Texte schreibe, ist das was anderes“, sagt der Influencer, der heute seine Gedanken mit tausenden Menschen teilt.

Vor etwa einem Jahr änderte ein Instagram-Beitrag für Reuber alles. Der muskelbepackte Fitness-Experte zeigte nach sechs Monaten des Trainings ein Vorher/Nachher-Foto von sich — und war damit plötzlich total erfolgreich. Das Bild machte auf der Plattform die Runde. „Mich schrieben sogar Leute an, die ich von früher kannte und die ich wohl inspiriert habe“, erinnert sich der Sport-Student. Von da an hatte Tim Reuber Gefallen daran gefunden, andere Leute positiv zu beeinflussen. So gibt es noch heute zu seinen Fotos, die er meistens mit Kamera und Selbstauslöser macht, oft Texte, die zum Nachdenken anregen sollen. „Die Texte sind für mich das wichtigste“, sagt Reuber. Die Bilder, auf denen der 24-Jährige sehr gerne seine Muskeln präsentiert, seien nur der erste Hingucker.

Doch mit guten Texten alleine, schafft es auf Instagram niemand zum Influencer. „Der Anfang ist am schwersten“, weiß Tim Reuber. So habe es ihm sehr geholfen, sich mit anderen erfolgreichen Instagram-Persönlichkeiten zusammenzutun und sich dort Tipps zu holen. Wenn die Leute aus seiner „Community“ unter den Fotos etwas schreiben, antwortet Reuber zum Beispiel besonders oft — das wird belohnt. Denn Instagram hat eigene Regeln. Im Hintergrund entscheidet ein Algorithmus, was gerade im Trend liegt und welche Fotos für welche Nutzer vielleicht spannend sein können. Mit dieser Technik habe sich Reuber lange befasst. So weiß er ganz genau, welche Stichworte er seinen Bildern zu geben hat — und dass 18.30 Uhr für ihn eine gute Zeit ist, um ein Foto zu veröffentlichen.

Seit einem halben Jahr ist Reuber von Wuppertal nach Köln gezogen, wo er studiert. „In Großstädten wie Köln oder Berlin ist es einfacher, gute Settings für Bilder zu finden“, sagt er. Der 24-Jährige geht regelmäßig mit der Kamera und verschiedenen Outfits vor die Tür, um sein Profil zu füttern. Aber das Tal habe für den Start auch Vorteile gehabt. „Wuppertal ist ein Dorf. Jeder kennt jeden“, sagt er. Das sei für den Anfang super gewesen. Das Netzwerk in der echten Welt könne dabei helfen, auch in der Welt von Selfies und Likes eine erste Basis an Anhängern zu generieren.

Influencer-Sein bedeutet Arbeit. „Ich verbringe schon mindestens zwei, drei Stunden am Tag mit meinem Handy. Das können aber auch mal acht Stunden werden, wenn ich frei habe“, sagt er. Andererseits lege er sein Smartphone auch bewusst mal weg, wenn er mit Freunden unterwegs ist. „Mein Privatleben ist mir wichtiger als Instagram“, sagt er und schiebt nach: „Aber Instagram hat schon einen hohen Stellenwert.“ Schließlich will Tim Reuber einmal allein von seiner Tätigkeit auf Instagram leben können. Nach seiner Erfahrung ist das mit dem richtigen Marketing ab einer Zahl von 50 000 Anhängern möglich. Und wie man sich im Netz vermarktet — das weiß Tim Reuber so gut, dass er das Wissen mittlerweile schon mit anderen teilt. Derzeit arbeitet er als „Influencer-Recruiter“ und „Influencer-Manager“ an den Trendsettern von Morgen. Das Marketing mit den authentischen Gesichtern aus dem Netz sei ein Markt, der gerade boomt. Reuber sagt: „Vielleicht ist Influencer irgendwann ein Ausbildungsberuf.“