Erfindungen aus dem Wupperdampf-Labor

Thomas und Sylke Graulich gehören der Steampunk-Szene an und basteln gerne im viktorianischen Stil.

Foto: Stefan Fries

Cronenberg. Thomas und Sylke Graulich wirken auf den ersten Blick ganz gewöhnlich. Beide tragen weiße T-Shirts, kombiniert mit Jeans. Wenn man ihre Wohnung betritt, könnte man bereits ahnen, dass sie eine ganz besondere Leidenschaft haben. Überall stehen Figuren, DVDs und Bücher mit Fantasy-Bezug, die Einrichtung ist eher in Erdtönen gehalten. Beim Betreten ihrer Werkstatt fallen die vielzähligen Gadgets im Stil des viktorianischen Zeitalters (1837-1901) auf, stets in dunklem Holz und mit Kupfer und Messing verziert.

Die Graulichs — in der Szene auch als Eleonor und Barnabas von Cronenberg bekannt — gehören der Subkultur Steampunk an. Sie zählen sich zur Unterkategorie der „Maker“, also derer, die ausgefallene Dinge im Stil des 19. Jahrhunderts basteln. „Die Dinge sollen den verrückten Erfindergeist aus dem Zeitalter widerspiegeln“, erklärt Thomas Graulich. So wird aus einem Modellzeppelin schnell ein viktorianisches Raumschiff oder aus einer kaputten Kaminuhr ein Ätherwellenwandler.

Inspirieren lassen sie sich dabei von Geschichten von Jules Verne, H.G. Wells oder Anja Bagus. „Es gehört immer dazu, eine Geschichte zu dem Gebastelten zu erzählen“, sagt Thomas Graulich. Denn die beiden stellen ihre Stücke immer wieder auf Veranstaltungen aus.

Anders als im privaten Leben kleiden sie sich dort auch in selbst gemachte Kostüme, ganz im Stil des 19. Jahrhunderts. „Zur Arbeit ist es als Frau sehr unpassend, Steampunk-Kostüme zu tragen“, sagt Sylke Graulich, die in der Mensa der Bergischen Uni arbeitet. Bei Thomas Graulich könne es schon öfter vorkommen, dass er auch privat oder in seinem Beruf als Drucker mal eine Weste mit Hemd trägt.

Das Paar ist 2009 auf einem Fantasyfestival in Holland zum ersten Mal auf die Subkultur gestoßen. „Da war es erst nur Neugier“, sagen die beiden. Doch für Fantasy haben sich schon immer beide interessiert und Sylke Graulich hat schon lange gerne genäht. So machten sie 2011 mit ein paar Bekannten das „Wupperdampf Laboratorium“ auf. Zu siebt sind sie in der Gruppe, auch der 25-jährige Sohn von Thomas und Sylke Graulich macht mit.

Bei den Ausstellungen geht es nicht darum, die Dinge zu verkaufen. „Immer wenn jemand fragt, ob wir unsere Sachen verkaufen, schlagen wir den Leuten vor, selbst zu bauen“, sagt Thomas Graulich. Es gehe vor allem darum, die Facetten des Steampunk aufzuzeigen. „Es ist eine sehr offene Szene. Alles wird geteilt, man macht kein Geheimnis daraus, wie man etwas baut“, sagt Sylke Graulich. Auftragsarbeiten nehmen die beiden gar nicht an. „Wir wollen keinen Druck“, sagen sie. Es gebe auch Phasen, in denen sie gar keine Gadgets bauen. Den Steampunk lebten sie nur rein hobbymäßig.

Trotzdem nimmt die Subkultur viel Zeit im Leben des Ehepaars ein: Um Material für ihre Stücke zu finden, treiben sie sich ständig auf Flohmärkten herum. Wenn sie mit ihrem sechs mal drei Meter großen Stand auf einer Veranstaltung ausstellen, sind sie das ganze Wochenende unterwegs.

Nach einiger Zeit haben sich die Graulichs einen Raum hinzugemietet, um ihn als Werkstatt zu benutzen. „Früher haben wir noch im Wohnzimmer auf dem Tisch gebaut und vor der Tür lackiert — das ging irgendwann nicht mehr“, erinnert sich Thomas Graulich. Auch einen Anhänger haben sie gekauft, um die Gadgets zu den Veranstaltungen zu transportieren. Noch ist der Anhänger von der jüngsten Veranstaltung nicht ausgeladen, da steht schon die nächste an: Am 2. September fahren Thomas und Sylke Graulich zum Steampunk-Event „Zeitreise“ im Freilicht Museum Hagen.