Erinnerung an den Holocaust Die App „Stolpersteine NRW“ kämpft gegen das Vergessen
Wuppertal · Mit dem Handy durch die Stadt gehen, um mehr über die Menschen zu erfahren, die Opfer des Holocaust wurden: Das haben am Dienstag Vertreter der CDU-Fraktion gemacht.
Die Mitglieder im Rat der Stadt Wuppertal und weitere Interessierte haben einen Sommertermin genutzt, um sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.
Zusammen machten sie einen Rundgang durch die Innenstadt und besuchten dort verlegte Stolpersteine. Michael Schulte, Ratsmitglied der CDU, erzählte, dass die Idee durch die WDR-Handy-App „Stolpersteine NRW“ entstand. „Das ist mal eine Sache, mit der man die Leute zum Nachdenken bringt. Gerade in der jetzigen Zeit, in der man sieht, was in der Ukraine passiert“, so Schulte.
Stolpersteine sind kleine Gedenktafeln aus Messing, die vor einem Haus platziert werden, in dem zuvor ein Mensch gewohnt hat, bevor dieser Opfer des Holocaust wurde. Der Künstler Gunter Demnig kam auf diese Idee und verlegte 1992 den ersten Stolperstein. Mittlerweile gibt es mehr als 61 000 Stolpersteine in 22 europäischen Ländern, davon mehr als 200 in Wuppertal.
Der Verein „Stolpersteine in Wuppertal“ setzt sich in Wuppertal dafür ein, dass Stolpersteine verlegt werden. Der Mitgründer Manfred Brusten begleitete den Rundgang der CDU und gab einen Einblick in die Arbeit des Vereins.
Experten haben Informationen zu den Menschen zusammengetragen
Seit 2001 beschäftigt sich der Wissenschaftler, der eigentlich Staatskriminalität erforscht, mit dem Verlegen der Steine in Wuppertal. Erst durch Peter Jung, der ab 2004 Oberbürgermeister wurde, habe das Vorhaben verwirklicht werden können. Ab 2007 hat der Verein dann die Möglichkeit bekommen, die ersten Stolpersteine zu verlegen.
Mehr Informationen über die ermordeten Menschen in der NS-Zeit erhielten die CDU-Mitglieder nun durch die WDR-Handy-App „Stolpersteine NRW“. Seit Anfang des Jahres bietet der WDR die App und eine Internetseite an, auf der Interessierte die Möglichkeit bekommen, mehr über die Menschen hinter den Stolpersteinen zu erfahren.
Mit der App können Handy-Nutzer direkt vor jedem Stein sehen, welcher Mensch sich dahinter verbirgt. Neben Informationstexten gibt es auch Fotos, Tondateien, Illustrationen und andere Elemente.
Das Projekt hat der WDR Anfang 2020 gestartet. In Zusammenarbeit mit Experten aus mehr als 200 nordrhein-westfälischen Kommunen, Initiativen und Aktionsbündnissen wurden die Informationen recherchiert und multimedial aufbereitet. „Stolpersteine NRW“ bietet auch Routen an, die Bürger in ihrer Stadt laufen können – und so die Möglichkeit bekommen, neben ihrem Spaziergang mehr über die Menschen, die einst hier gelebt haben, zu erfahren. In Wuppertal gibt es zwei Routen.
Die CDU wählte die Route in der Innenstadt, wo innerhalb von knapp drei Kilometern fünf Stationen mit sechs Stolpersteinen zu finden sind. Die zweite Route findet sich in Barmen. Auf einer Strecke von 1,7 Kilometern können vier Stationen besichtigt werden. Mit den Stolpersteinen auf dieser Route wird ausschließlich Juden gedacht.
Der Vorsitzende vom Verein Stolpersteine in Wuppertal, Manfred Brusten, erzählte, dass es in Wuppertal bei der Verlegung der Stolpersteine einige Schwierigkeiten gab. Zum einen wurden viele Straßen und Gebäude durch den Zweiten Weltkrieg zerstört. „Dann sind ganze Straßen anders, als sie früher waren“, so Brusten.
Auch die Aufbereitung von Informationen aus der NS-Zeit gestaltet sich kompliziert. In Wuppertal sei vieles nicht genau erforscht worden, weswegen der letzte Aufenthaltsort der Opfer zum Teil unklar ist. Auch die Tatsache, dass damals Elberfeld und Barmen einzelne Städte waren, mache die Recherche nicht einfacher. „Was ist, wenn ich ein Dokument habe, in dem eine Straße steht, die es in beiden Städten gibt?“
Brusten erzählte, dass Stolpersteine für Menschen auch aus anderen Ländern wichtig sind. „Für manche Menschen sind die Stolpersteine wie ein Grab. Die haben sonst keine Beziehungen mehr“, so Brusten.
In Wuppertal selbst wurden etwa 820 Juden deportiert. Nachdem der Verein laut eigenen Aussagen in den vergangenen vier Jahren „etwas eingegangen ist“, verlegt er seit einem halben Jahr wieder Stolpersteine in Wuppertal.