Romy Klein hat früher im Marketing gearbeitet. Die Teams dort waren international und divers aufgestellt. „Ich bin überzeugt, dass dadurch viele gute Impulse und Ideen für die Arbeit und für das gesamte Unternehmen freigesetzt werden“, sagt sie. Diese Überzeugung hat sie auch in die Zahnarztpraxis ihres Mannes mitgenommen, in der mittlerweile die Belegschaft aus der ganzen Welt kommt. Doch ganz so einfach ist es nicht, Mitarbeiter und Auszubildende aus dem Ausland zu rekrutieren und dann auch in Wuppertal zu halten. Darum arbeitet die Praxis Klein-Sälzer mit Workstadt zusammen, die ein Netzwerk für Fachkräfte aus dem Ausland gebildet haben, Unternehmen beim Onboarding dieses Personals unterstützen und nun auch Unternehmen schulen, wie sie Auszubildende im Ausland finden.
Alkhudur Alcheikh kommt aus Syrien und hat kürzlich seine Anerkennung als Zahnarzt bekommen, Adib Shahriari ist seit Mai 2023 in der Praxis als Auszubildender, im Mai kommt ein Auszubildender aus Indien nach Wuppertal, im Juni ein Dentalhygieniker aus Südafrika und im September eine Dentalhygienikerin aus Australien. Das ist nur ein kleiner Teil des internationalen Teams bei Klein-Sälzer. „Es geht auch nicht ausschließlich darum ein divers aufgestelltes Team zu haben. Wir können dadurch auch dem Fachkräftemangel entgegen wirken. Denn zum Beispiel Dentalhygieniker haben wir in Deutschland nicht ausreichend viele“, so Klein.
In die Rekrutierung hat Romy Klein viel Zeit und Mühe investiert. Die Stellenausschreibungen werden auch auf Englisch formuliert und darin auch deutlich gemacht, dass internationale Bewerbungen erwünscht sind. Die ersten Interviews führt Klein per Videotelefonie mit den Kandidaten. Anschließend hilft sie mit dem Visum, bei der Wohnungssuche und zeigt den neuen Mitarbeitern die Stadt.
Die Betriebe müssen international nach Talenten suchen
Etwa 50 Prozent der Azubis in der bergischen Region haben Migrationshintergrund. In Zukunft werden die Unternehmen auch verstärkt Plätze an junge Menschen vergeben müssen, die neu hier angekommen sind oder erst für die Ausbildung nach Wuppertal kommen wollen. „Wir schulen die Unternehmen mit Experten aus der Praxis, wie sie Potenziale rekrutieren, vermitteln wichtige Ansprechpartner und helfen beim Abbau kultureller Barrieren und der langfristigen Bindung“, sagt Workstadt-Gründer Ulrich Halstenbach.
Wichtig sei in erster Linie, dass die Unternehmen sich den Herausforderungen stellen. „Anfängergeist“ nennt Halstenbach das. „Die Betriebe sollen sich die Bewerber ansehen, ob derjenige zum Unternehmen und menschlich passt. Das ist viel wichtiger, als zum Beispiel in einem Assessment-Center die besten rauszufiltern. Alle anderen Schwierigkeiten, wie zum Beispiel sprachliche Hürden, Verwaltungs- und Behördenangelegenheiten können anschließend gemeinsam geregelt werden“, so Halstenbach.
Insbesondere die sprachliche Barriere würde häufig überbewertet, sagt auch Ilya Boychenko. Er ist vor zwei Jahren aus Russland nach Deutschland gekommen, macht momentan ein freiwilliges soziales Jahr bei Workstadt und beginnt im Sommer seine Ausbildung in Wuppertal. Bevor er das Unternehmen kennenlernte, bei dem er im Sommer anfängt, hatte er sich bei einigen beworben, aber ohne Erfolg. „Das Unternehmen hat mit mir ein Gespräch geführt, um mich als Menschen kennenzulernen und nicht nur geschaut, was ich alles schon kann. Das war sehr angenehm und hat sofort gepasst“, sagt er.
Auch Boychenko berichtet, dass dann die Sprache eher zweitrangig sei. Letztendlich würde in vielen Unternehmen mittlerweile gut Englisch gesprochen. „Und wenn nicht, müssen sich die Leute einfach mal trauen und weniger perfektionistisch sein. Am Ende profitieren beide Seiten dann davon“, sagt Ulrich Halstenbach.