Familienfreundlichkeit als Faktor bei der Standortwahl
Im Haus der IHK trafen sich Vertreter aus Politik und Wirtschaft zum Austausch über familienfreundliche Konzepte in den Unternehmen.
Wuppertal. Raus aus der Küche, rein in den Job. In dieser Hinsicht sei es bereits gelungen, das klassische Familienmodell aufzubrechen. Das stellte Hildegard Kaluza vom NRW-Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport am Montag im Haus der Industrie- und Handelskammer (IHK) Wuppertal-Solingen-Remscheid fest. Nicht ganz so durchschlagend sei der Erfolg beim umgekehrten Fall: Männer rein in die Küche. In der Regel erledige der Mann den Vollzeitjob, während Frauen überwiegend in der Teilzeit arbeiteten.
Gilt diese Bilanz für ganz Deutschland, so beleuchtete die gestrige Abschlussveranstaltung der Workshop-Reihe „Fachkräfte für familienfreundliche Unternehmen“ vorwiegend die Situation im Bergischen Städtedreieck. Ansätze für familienfreundliche Betriebe gebe es dort in beachtlichem Maße, jedoch schneide die Region im bundesdeutschen Vergleich immer noch unterdurchschnittlich ab.
Relevant ist diese Feststellung im Zusammenhang mit der Fachkräftesicherung. Familienfreundlichkeit zähle als „weicher Standortfaktor“ bei der Entscheidung für einen Arbeitsplatz. Mit zunehmendem Fachkräftemangel werde es für die Unternehmen immer wichtiger, familienfreundliche Modelle zu entwickeln. Beim Wuppertaler Zangenhersteller Knipex etwa wurde ein Betriebskindergarten eingerichtet. Herder Windmühlenmesser in Solingen haben flexible Arbeitszeitmodelle entworfen, um Angestellten mit Kindern mehr Freiräume zu schaffen.
In kleineren Firmen seien Lösungswege vergleichsweise bequem und unbürokratisch zu finden. Für Großbetriebe stelle sich die Lage ebenfalls recht unproblematisch dar, weil sie oftmals Fachkräfte für Betreuungsaufgaben einstellen können. Sorgen bereite das Thema Familienfreundlichkeit dem Mittelfeld — und damit gerade dem Sektor, der im Bergischen am stärksten vertreten ist.
Mit der Veranstaltungsreihe, die am Montag im Beisein von NRW-Familienministerin Ute Schäfer ihren Abschluss fand, ist der Grundstein für ein Netzwerk gelegt, das Beispiele aus der Praxis für die Praxis liefern soll. Mit der IHK als Bindeglied hofft man, bergische Betriebe bei der Umsetzung familienfreundlicher Konzepte unterstützen und so langfristig den Standort stärken zu können.
Immerhin eine Million offene Stellen gebe es derzeit in Deutschland, ein Wert, der seit Jahren nicht erreicht wurde, sagte Ute Schäfer. Dem Fachkräftemangel müsse begegnet werden, indem Frauen aus der Teilzeit verstärkt in Vollzeitstellen geholt würden. Dafür müsse aber auch der erforderliche Anreiz geliefert werden.