Reiner Rhefus über Traueranzeigen in den Zeitungen Engels’ Tod löste vor 125 Jahren in ganz Europa Reaktionen aus

Wuppertal · Rheiner Rhefus berichtet anlässlich des Todestags am 5. August über Zeitungsberichte der damaligen Zeit.

Todesanzeige der Familie Engels in der „Barmer Zeitung“, Aug 1895.

Foto: Rhefus

Am 5. August 1895, heute vor 125 Jahren, starb Friedrich Engels in seinem Haus in London. In den letzten 25 Jahren seines Leben hatte er dort als Privatgelehrter, gefragter Publizist und Berater der sozialistischen Arbeiterbewegung gelebt. Doch er stand auch in regelmäßigem Kontakt mit seinen Verwandten in Barmen und Engelskirchen. Vor allem mit seinem Bruder Hermann, der in seiner Villa mit großzügigem Garten, dem heutigen Engelsgarten, wohnte. Im März 1895, vier Monate vor seinem Tod, schrieb der 75-jährige Friedrich an Hermann: „Ich habe mich so ziemlich an die einem alten Herrn geziemende Haus- und Magenordnung gewöhnt, (…) Ich hätte mir nie vorgestellt, daß die Pedanterie einem noch einmal als Lebens- und Sittenpflicht oktroyiert werden kann.“

Im April freute er sich über das wunderbare Frühlingswetter, und berichtete, er habe „zum ersten Mal in meinem Leben einen Zahnarzt dafür bezahlt, daß er mir zwei alte Stummel herausgenommen hat. Jetzt habe ich noch 17 Zähne, alle vorne, soweit komplett, aber nichts dahinter.“ Engels litt an Luftröhrenkrebs ohne dass ihm diese Diagnose bekannt war. Im Mai 1895 erhielt Engels noch einmal Besuch aus Barmen: Seine Nichte Selma und ihr Ehemann Oskar Jäger machten bei dem Onkel Station und konnten in Barmen von dem neuen Haus berichten, in dem Engels nun mit dem Ehepaar Freiberger lebte, das sich um den alten Herrn kümmerte. (Das Grab von Oskar und Selma Jäger ist aus dem „Familienfriedhof“ in Unterbarmen erhalten.)

Als Anfang August Engels’ Tod bekannt wurde, reisten die wichtigsten Führer der sozialistischen Arbeiterparteien Europas  – aus Deutschland August Bebel, Wilhelm Liebknecht und Paul Singer  – nach London. In den sozialdemokratischen Arbeiterzeitungen in Europa erschienen zahlreiche Nachrufe. Der Aufruf der Freien Presse,  SPD-Blatt in Elberfeld, nahm die ganze Titelseite ein. Als Vertreter der Familie nahmen Hermann Engels jun. und vier weitere Neffen an der Trauerfeier des berühmten Onkels teil. Neffen aus Barmen hielten auch kurze Ansprachen  – neben den anderen, meist sehr prominenten Rednern aus ganz Europa. Auch, als die Urne mit der Asche des Verstorbenen  – seinem Wunsch entsprechend  – vor der englischen Küste ins Meer gelassen wurde, war einer der Neffen anwesend.

Stadtführer Reiner Rhefus

Foto: medienzentrum stadt wtal/Gerd Neumann

Die Parteiorganisation Elberfeld-Barmen hatte an Eduard Bernstein, den persönlichen Sekretär von Engels, telegrafiert und ihn gebeten, „im Namen der Elberfeld-Barmer Genossen einen Kranz oder eine Palme mit entsprechender Widmung bei der Bestattung von Friedrich Engels niederzulegen’“. Über mehrere Ausgaben druckte die Freie Presse eine Lebensskizze. Anzeigen warben für einen „prachtvollen Zimmerschmuck“, ein Porträt von Friedrich Engels. In der Zweiwochenzeitschrift „Der wahre Jacob“ erschien sein Porträt als herausnehmbarer Holzschnitt. Auch in der bürgerlichen Presse erschienen Nachrufe: Die in Barmen erscheinende katholische „Rheinische Wacht“ kommentierte den „Tod des bekannten Sozialistenführers“ knapp: „Er war ein ehrlicher bergischer Mann. Gott segne ihn!“. Die Notiz zeigt, dass sich der Sozialist auch in nicht sozialistischen Arbeiterkreisen Respekt erworben hatte.