Fukushima: Die Folgen der Katastrophe reichen bis Wuppertal
Experte blickte in Vohwinkel auf Ursache und Nachwirkung des Atom-Unfalls zurück. Die Technik sei kaum beherrschbar.
Wuppertal. Es ist gerade mal ein halbes Jahr her — und doch hat der Tag die Welt verändert. Durch das Atomunglück von Fukushima hat Deutschland binnen weniger Wochen alte Atomkraftwerke vom Netz genommen und den Ausstieg aus der Kernkraft begonnen. Europa hat den Stresstest, sogar im Atom-Land Frankreich regt sich Skepsis — und in Wuppertal war die Reaktor-Katastrophe der Katalysator, der die Bemühungen um eine bergische Energiewende in Richtung „100 Prozent erneuerbar“ vorangetrieben hat.
Bei einem Kolloquium des Instituts ASER (Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie e.V.) in Vohwinkel blickten Studenten, Wissenschaftler und Bürger noch einmal auf Fukushima zurück: Christoph Pistner, Physiker vom Darmstädter Öko-Institut, referierte auf Einladung des Fachbereichs Sicherheitstechnik der Uni Wuppertal über „Fukushima — das Ereignis und die Folgen“.
Der Vortrag wurde zu einer eindrucksvollen Aufarbeitung, bei der es Pistner gelang, auch Laien die Schlüsselereignisse der Katastrophe genau zu erklären. So erläuterte er die Flutwellendämme des Kraftwerks, die für Wellen bis zu fünf Meter Höhe ausgelegt sind — während der Tsunami des 11. März eine Höhe von über 14 Metern erreichte und die Gischtwelle beim Aufprall sogar bis 40 Meter in die Höhe schwappte. Oder auch, dass die Druckableitungs-Systeme der Schwere der Katastrophe nicht gewachsen waren.
Die Besucher wollten vor allem wissen, ob die Betreiberfirma Tepco und die japanische Regierung falsch gehandelt oder die Menschen getäuscht haben. Pistner verneint — und nimmt die Verantwortlichen zum Teil in Schutz: „Bei so einer Katastrophe den Überblick zu bewahren und Entscheidungen treffen, ist sehr schwierig“, sagt der Experte. „Für das, was passiert ist, haben die Japaner gut reagiert.“
Was das Unglück auch gezeigt habe, seien die Grenzen einer menschlichen Beherrschbarkeit von Katastrophen: „Man kann nicht sagen, wie die Menschen reagieren würden.“ Man übe zwar verschiedene Szenarien — doch wenn die, wie in Fukushima alle gleichzeitig aufträten, könne niemand wissen, ob er das noch beherrschen könne.