Gefängnis-Streit: Der Molch und der Knast
Von den etwa 250 bis 300 Menschen, die zu der Sondersitzung der Bezirksvertretung Ronsdorf gekommen waren, sprachen sich auch viele eindeutig für die geplante Justizvollzugsanstalt aus.
Wuppertal. Wie die WZ bereits berichtete, hatte die neugegründete Bürgerinitiative "Kein Beton in der Erbschlö" zu einer Demonstration geladen. Die Meinungen sind polarisiert. Während die Befürworter sich für die Verantwortung der Gesellschaft für Gefangene und deren Haftbedingungen aussprechen, haben besonders die Naturschützer eine Gegenposition bezogen - sie wollen das Biotop um jeden Preis schützen. Von Angst spricht - zumindest offiziell - kaum noch einer.
Zu denken gebe ihm nicht die Frage, ob der Standort Erbschlö für eine Jugendvollzugsanstalt (JVA) gut oder schlecht sei, sagt Jochen Denker, Pfarrer der Reformierten Gemeinde Ronsdorf. Sorge bereite ihm vielmehr, welche Form die Diskussion im Stadtteil angenommen habe. "Wer Ängste hat, sollte einfach mal Kontakt zu denen aufnehmen, die schon lange in der Nähe einer solchen Institution leben." Neben aller Furcht gebe es auch das Gebot der Nächstenliebe. "Sollte mein Kind eines Tages dort einsitzen, gewinne ich bestimmt eine andere Einstellung zum Knast."
Die Besonnenheit könne er nur begrüßen, meint Peter Kamp, Leiter der Abteilung Liegenschaften im Landesjustizministerium, bei der vergangenen Sitzung der Bezirksvertretung Ronsdorf. Einen offenen Vollzug werde es nicht geben, er sei auch für die absehbare Zukunft nicht geplant. Im übrigen sei es "ein Popanz", dass Freigänger in der Nachbarschaft eines Gefängnisses Straftaten begehen. "Und wer tatsächlich ausbricht, hat nichts anderes zu tun, als möglichst schnell das Weite zu suchen."
Die Demonstranten, die sich derweil vor dem Sitzungssaal versammelt haben, pochen dann auch vor allem auf Fragen des Umweltschutzes. Frank Baldus, Teamleiter der Wuppertaler Natur-Ranger, unterstellt eine Erpressungspolitik von Oberbürgermeister Peter Jung. "Er darf die Bereitschaftspolizei behalten, wenn die JVA gebaut wird." Doch gehe mit dem Biotop auf dem Scharpenacken wertvolle Natur verloren. "Soll doch die Einrichtung irgendwo entstehen, aber nicht ausgerechnet dort."
Jörg Liesendahl sieht die Sache ähnlich. "Es leben dort alle vier Molcharten Wuppertals, auch der europaweit geschützte Kammmolch. Wir schrecken nicht davor zurück, die Sache über die EU-Kommission klären zu lassen." Ob die Ängste vor möglichen Risiken der JVA begründet seien, vermöge er nicht zu beurteilen. Auch Jochen Kunze bezieht Position für das Biotop: "Das hat schon die Bundeswehr dort eingezäunt und geschützt. Die Stadtväter hätten doch die Kaserne kaufen und viele Gebäude nutzen können, aber das haben sie verpennt."
Dem "so genannten Biotop" stellt Bezirksvorsteher Lothar Nägelkrämer die schleppend verlaufende Spendenaktion für die Reformierte Kirche gegenüber: "Wer etwas schützen will, soll es auch da tun, wo es notwendig ist. Die Molche kommen doch nicht vor Gericht." Klare Position für die JVA bezieht Reinhard König sogar auf einem Schild: "Überall, nur nicht bei uns?" Der qualvolle Tod eines Häftlings in der Haftanstalt Siegburg habe gezeigt, dass die gegenwärtige Situation im Strafvollzug nicht mehr tragbar sei. "Das lässt sich nur durch einen Neubau ändern, und dafür ist der Standort Ronsdorf so gut wie jeder andere."