Geheimnisse und große Namen auf dem Friedhof
Was ein Besuch des Friedhofs Krummacherstraße über die Geschichte Wuppertals lehrt.
Wuppertal. So in etwa hatte sich Rita Lange einen schönen Ausflug vorgestellt: viel Grün, wenig Publikumsverkehr und nebenbei ein bisschen Stadtgeschichte. „Ein bisschen merkwürdig ist das vielleicht schon“, sagt die Wuppertalerin lächelnd und betont: „Aber ich finde, dass diese Orte besonders viel Ruhe ausstrahlen und leider immer noch für zu viele ein echtes Tabuthema sind. Der Tod gehört zum Leben dazu.“ Der Tod? Genau: Rita Lange wandert mit 14 weiteren Teilnehmern und Stadtführer Jürgen Holzhauer über sechs besondere Elberfelder Friedhöfe.
Dabei geht es nicht nur um Stadtgeschichte anhand der Grabstätten bekannter Persönlichkeiten. Vier Stunden lang taucht die Gruppe in Trauerkultur und Bestattungsriten verschiedener Weltreligionen und Gemeinden ab.
„Das Wetter ist heute leider nicht auf unserer Seite“, bedauert Jürgen Holzhauer vom Wuppertal Marketing mit Blick auf die dicke Wolkendecke. Doch welchen Wuppertaler schreckt das schon: In bunten Regenjacken und mit Schirmen ziehen die Neugierigen wie bunte Farbklekse durch die Landschaft — optisch ein starker Kontrast zum ernsten Thema der Führung. Erste Station: Wuppertals größter Friedhof an der Krummacherstraße. Dort liegt unter anderem Tanz-Ikone Pina Bausch begraben.
„Der evangelisch-reformierte Friedhof hat eine Fläche von 17,6 Hektar und wurde 1902 eingeweiht“, erläutert Jürgen Holzhauer und fügt hinzu: „Das war zur absoluten Boom-Zeit unserer Stadt mit riesigem Bevölkerungswachstum. Einmal durch Zuwanderung, weil viele Arbeit in der Textilindustrie fanden, aber durch eine ansteigende Geburtenrate. Da wurde auch der Friedhof großzügig geplant.“
Platz genug also auch für große Persönlichkeiten. Neben Pina Bausch, die direkt am Fuße eines 350 Millionen Jahre alten Kalkriffs ruht, befindet sich das Grab von Max Kirschbaum — dem letzten Oberbürgermeister von Elberfeld.
Doch auch in der Gegenwart hat der Friedhof seine Bedeutung: Am neuen jüdischen Friedhof, der sich ebenfalls auf dem Gelände an der Krummacherstraße befindet, zeigen sich in Symbolen und Schriftzügen in hebräischer Sprache die Geheimnisse einer Religion. „Allein in Wuppertal praktizieren rund 2500 Menschen den jüdischen Glauben“, verrät Jürgen Holzhauer und blickt dann in die Zukunft: „Künftig könnte hier für Deutschland etwas Einmaliges entstehen — der erste islamische Friedhof. Dann sind alle drei Religionen an einem Ort vereint in der Trauer.“