Geld ist da: Aber wer bekommt was?
Podiumsdiskussion über den Theater- und Orchesterpakt sowie die Rolle der Kulturpolitik.
Es geht ums große Ganze, um die Wertschätzung der Kultur und ihre Bedeutung für das Leben in den Kommunen. Darüber wünscht sich Apostolos Tsalastras einen gesellschaftlichen Diskurs. Am Donnerstag nahm der Oberhausener Kulturdezernent und Stadtkämmerer erstmal an einer Podiumsdiskussion im Wuppertaler Opernhausfoyer teil. Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung unterhielt sich eine illustre Experten-Runde über den Theater- und Orchesterpakt NRW — darunter aus Wuppertal Schauspielintendant Thomas Braus, Dramaturgin Uta Atzpodien, Schauspielerin Julia Wolff und SPD-Landtagsabgeordneter Andreas Bialas.
2013 wurde der Theater- und Orchesterpakt geschlossen, nun steht der (neue) Pakt „vor der Tür“, führte Bialas, der auch kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, in die Gesprächsrunde ein. Rund 20 Millionen Euro seien im Landeshaushalt vorgesehen, wesentlich sei nun, nach welchen Kriterien das Geld ausgegeben werde. Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins, äußerte die „begründete Hoffnung“, dass es mehr Geld vom Land für die mit 18 Theatern und 15 Orchestern unvergleichbar große kommunale Kulturlandschaft geben werde. Der Verteilungsschlüssel solle sich nach der Situation des jeweiligen Hauses richten, die wiederum von der finanziellen Situation einer Kommune abhänge. In Wuppertal bestimmt der Stärkungspakt die Regeln.
Aktuell leistet das Land einen Betriebskostenzuschuss von 5 Prozent. Die gewünschten 20 Prozent werden es wohl nicht werden, dämpfte Klaus Hebborn, der beim Städtetag NRW das Kulturdezernat leitet, etwaige Hoffnungen. Er forderte eine kontinuierliche Steigerung der Mittel und einen „verbindlichen Vertrag, der auf fünf Jahre alles regele“.
Kannibalisierung muss unbedingt vermieden werden
Für Oberhausen erwartete Tsalastras keine wirkliche Verbesserung — weil durch zeitgleich laufende Gespräche zum Gemeindefinanzierungsgesetz hohe Mehrbelastungen für seine Stadt drohten. Nur breite Bündnisse, die auch Sport- und Sozialverbände einschlössen, könnten wirklich helfen: „Jetzt ist zwar genug Geld da, aber man müsste die Verteilung so absichern, dass nicht wieder Kommunen untergehen.“
Gleichwohl kann man ja mal über mehr Geld nachdenken. Thomas Braus, Intendant und Schauspieler in einer Person, könnte es gut gebrauchen. Etwa, um Tarifsteigerungen zu bezahlen und eine Grundstruktur wiederherzustellen, die personell und technisch gutes Theater mit einem vielfältigen Spielplan erlaube: „Damit wir nicht mehr darüber diskutieren, ob ein Souffleur, (der in Wuppertal eingespart wurde, Red.) ein wichtiger Beruf ist.“
Auf die Not der freien Künstler machte Uta Atzpodien aufmerksam. Sie setzte sich für ihre Teilhabe ein, „nicht indem ein anderer Abstriche machen muss, sondern indem der Pakt weiterentwickelt, die Wertschätzung der Kultur ausgeweitet wird“. Sie wünsche sich „ein gewisses Fundament“ für die freien Künstler. Auch Hebborn warnte vor Verteilungskämpfen und Kannibalisierung.
Dass auch angestellte Schauspieler Probleme haben, machte Stephanie Schönfeld vom Schauspiel Essen deutlich, die über Arbeitsdichte, soziale Unsicherheit, schlechte Bezahlung und die Benachteiligung der Kolleginnen klagte. Und Schauspielerin Julia Wolff berichtete über die Schwierigkeiten als Mutter mit Handicap: Nach einem schweren Unfall ist sie Gastmitglied des Wuppertaler Ensembles und mit dem Thema Inklusion befasst.
Es ist noch ein weiter Weg, bis Grandmontagnes Appell verwirklicht werden kann: „Es bedarf einer kulturpolitischen Grundhaltung. Kultur ist eine gesamtstädtische Aufgabe, keine freiwillige Ausgabe.“