Ferien-Klassiker Geschichte und Geschichtchen locken auf den Drachenfels

Auf dem deutschesten aller Hügel soll Siegfried einst den Drachen erschlagen haben. Heinrich Heine holte sich dort eine Erkältung.

Foto: Olaf Steinacker/dpa

Königswinter. Sieh nun, mein Freund, so eine Nacht durchwacht ich /
Auf hohem Drachenfels, doch leider bracht ich /
Den Schnupfen und den Husten mit nach Hause.
Heinrich Heine: „An Fritz v. B.“, 1820

Foto: Olaf Steinacker/dpa

Ob Heinrich Heine (1797-1856) sich auf dem Drachenfels tatsächlich einen Pips eingefangen hat, wie er im Gedicht behauptet, ist ungewiss. Sicher hingegen ist, dass er sich knapp 321 Meter über dem Meeresspiegel, nicht übermäßig wohlfühlte. Was möglicherweise an seiner Reisebegleitung lag. Gemeinsam mit einer Gruppe national bewegter Burschenschafter erklomm Heine 1820 den Felsen, auf dem Drachentöter Siegfried der Sage nach sein blutiges Werk verrichtet haben soll. Kaum hatte Heines Gruppe die Ruine der Burg Drachenfels (zwischen 1138 und 1167 erbaut) erreicht, „erscholl das Lied von Deutschlands heilgen Siegen“.

An Siegfried und der Nibelungensage kommt man am Drachenfels bis heute kaum vorbei — genau so wenig wie an Deutschlands militärischer Vergangenheit: Zwei Stelen erinnern an gewonnene und vergeigte Kriege.

Geschichte und Geschichtchen. Zwei Gründe, warum ein Ausflug nach Königswinter samt Aufstieg zur Ruine zum Ausflugsritual von Schulen, Touristen und Familien gehört. Kohorten von zwangsvorgeführten Siebtklässlern können davon ein (Wander-)Lied singen. Wobei sie den Felsen — je nach Jahrgang — heute kaum wiedererkennen würden.

Denn zumindest optisch hat sich die Bergstation, der Name ist stark übertrieben, im Vergleich zu früher ordentlich verändert. Zwar dominiert unter den geschichtsträchtigen Trümmern immer noch die Gastronomie, das Restaurant aus den 70ern (viel Beton!) haben aber Bagger und Abrissbirne mit Verve flachgelegt. Seit dem Jahr 2012 steht dort ein Kubus aus Stahl und Glas — zumindest für Zeitgeist-Ästheten ein Gewinn.

Feinschmecker müssen allerdings mit herkömmlicher Ausflugsgastronomie zurecht kommen (draußen auch Tässchen!). Wofür sie aber mit einem spektakulären Blick über das Rheintal Richtung Siebengebirge oder Bonn belohnt werden.

Verpflegung ist wichtig, der Weg hinauf über das Nachtigallental oder den Eselsweg hat es mit seinen knackigen Steigungen durchaus in sich. Ungeübte Wanderer und Schülerbeinchen machen da leicht schlapp.

Die Drachenfelsbahn, zwischen 1882 und 1888 nach Plänen des Schweizer Ingenieurs Niklaus Riggenbach (1817-1899) erbaut, schafft die Strecke in knapp zehn Minuten, mit einem Zwischenstopp bei Schloss Drachenburg. Die Unternehmervilla, ab 1882 im neoromantischen Stil in zwei Jahre errichtet, ist kostenpflichtig zu bestaunen, hat einen sehenswerten Park und einen ebensolchen Ausblick.

Der Spötter Heine hätte gewiss seine Freude daran gehabt, dass „Der Spiegel“ den Drachenfels einmal als „meistbestiegenen Gipfel Europas“ bezeichnet hat. Der kluge Mann aus der Düsseldorfer Altstadt wusste, dass 320 Höhenmeter bestenfalls für die Bezeichnung Hügel taugen. Vielleicht ist das aber auch Ansichtssache: Wegen der vielen niederländischen Besucher, die jedes Jahr auf den Drachenfels kraxeln oder fahren, gilt der deutscheste aller Hügel nämlich auch als höchster Berg Hollands.