Helios: Wenn nächtelanges Geschrei nicht mehr zu ertragen ist

Eine Schrei-Ambulanz hilft überforderten und unsicheren Eltern im Umgang mit ihren Babys.

<strong>Wuppertal. Der Fall erschütterte viele WZ-Leser: Ein 21-jähriger Malergeselle rastete im März 2006 aus, er konnte das permanente Schreien seines drei Monate alten Zwillingssohnes nicht mehr ertragen. Mit den Worten "Sei endlich still"schüttelte er den Säugling mehrfach heftig. Das Baby erlitt irreparable Hirnschäden, kann heute weder alleine atmen noch schlucken und wird auf immer ein Pflegefall bleiben. Der überforderte Vater bekam im vergangenen Monat zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Problem-Sprechstunde hilft bei Schlafstörungen und Unruhe

Um solche und andere tragische Fälle zu verhindern, und vor allem, um Eltern in ihrer Aufgabe zu unterstützen, gibt es am Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) im Helios-Klinikum seit 2002 eine Schrei-Ambulanz. Die spezielle Problem-Sprechstunde hilft überforderten Eltern von Säuglingen mit Schlafstörungen oder extremer Unruhe.

Für die Eltern sei die Situation sehr belastend: "Das Schreien des Babys führt irgendwann zu Hilflosigkeit, Erschöpfung und Ratlosigkeit. Im Extremfall kann es auch zu Aggressionen kommen. Aber das rechtfertigt natürlich nicht, dass man die Kontrolle über sich verliert. Da muss es bei den Eltern immer eine innere Hemmschwelle geben."

Auch ein schlechtes Gewissen mache sich breit: "Die Eltern, die schließlich zu uns kommen, haben oft das Gefühl, versagt zu haben, schlechte Eltern zu sein. Das ist nicht richtig: Wer zu uns kommt, zeigt Stärke, weil er seine eigenen Grenzen erkennt", sagt Borusiak.

Um Eltern und ihren Babys zu helfen, wird in der Sprechstunde der Schrei-Ambulanz die jeweilige Familiensituation erläutert. Wie lebt die Familie? Wie viel Platz gibt es in der Wohnung? Gab es in der Schwangerschaft organische oder psychische Probleme? Mit solchen und anderen Fragen versucht man den Schwierigkeiten auf die Spur zu kommen.

Dabei hilft auch eine Videoanalyse der Familiensituation, bei der Wickel- oder Spielszenen gefilmt werden. "Die Babys regulieren schon ganz viel über den Blickkontakt. Wenn ein Kind zum Beispiel wegguckt, kann das ein Zeichen dafür sein, dass das Baby in Ruhe gelassen werden will", erklärt Borusiak.

SPZ Das Sozialpädiatrische Zentrum am Helios-Klinikum dient der Früherkennung, Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die körperliche, geistige, seelische und soziale Auffälligkeiten zeigen.

Sprechstunden Beim SPZ gibt es unter anderem spezielle Sprechstunden für Säuglinge mit Schlafstörungen oder extremer Unruhe.

Kontakt Eltern mit Babys, die viel schreien, häufig müde und unzufrieden sind und nicht in den Schlaf finden, werden dort beraten und therapiert. Für die Eltern entstehen keine Kosten, sie brauchen nur einen Überweisungsschein des Kinderarztes. Terminvereinbarung unter Telefon 896 38 50.