Das ist mein Wuppertal Hinze liebt das Luisenviertel

Der Trainer der Bergischen Handballer genießt die Ruhe dort als Ausgleich zum Sport.

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Wuppertal. Gut möglich, dass man Sebastian Hinze zwei, drei Stunden nach einem Handballspiel in der Uni-Halle im Luisenviertel antrifft. Hierhin kommt der Trainer des Handball-Bundesligisten Bergischer HC gerne ab und zu, um abzuschalten und einfach der Mensch Sebastian Hinze zu sein.

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Und der ist selbst optisch dann ein ganz anderer, auch wenn die langmähnige Wikingerfrisur dieselbe bleibt. Nichts mehr von der Anspannung, die ihm am Spielfeldrand wie den meisten seiner Kollegen ins Gesicht geschrieben ist. Nichts mehr von der nötigen Aggression, die sich ab und zu auch mal im Ärger über Schiedsrichterentscheidungen entlädt. Entspannt lächelnd sitzt Hinze dann mit Ehefrau Patrycja oder Freunden etwa in der Morena Bar, erfreut sich an Tapas, einem guten Wein und guten Gesprächen, die sich dort selten um Handball drehen.

„Als Student war ich früher mehrmals wöchentlich im Viertel. Heute ist es zwar viel seltener, aber ich mag diese Straßen- und Studentenkultur immer noch sehr. Sie strahlt so viel Ruhe aus“, sagt Hinze. Nach seinem Lieblingsort in Wuppertal gefragt, musste er deshalb nicht lang überlegen.

Hinze braucht diese Ruhe als Ausgleich zu seinem hektischen Sport, der ihm nicht allzu viele Ruhezonen lässt. Dass Bodenständige nimmt man dem 36-Jährigen, der seiner Heimatstadt bisher immer treu geblieben ist, sofort ab. Aufgewachsen in Elberfeld am Gabelpunkt, Grundschule Kruppstraße, Abitur am Gymnasium Bayreuther Straße, von dem er heute mit seiner Frau nur wenige Gehminuten entfernt in einem denkmalgeschützten Haus wohnt. Von dort geht es täglich mit den Hunden zum Frühspaziergang auf die Kaiserhöhe oder auch mal mit der Ehefrau in den Reitstall zu deren Pferd.

„Ich mag Wuppertal. Das heißt zwar nicht, dass sich unser Lebensmittelpunkt nicht auch einmal verlagern könnte, aber wenn es die Umstände zulassen, hätte ich nichts dagegen, wenn es meine Heimat bleibt“, sagt Hinze. Beim Bergischen HC hat der Jungtrainer, auf dessen erfolgreiche Arbeit auch andere Vereine längst aufmerksam geworden sind, noch einen langfristigen Vertrag bis 2018 und identifiziert sich voll mit dem Projekt Bundesliga-Handball im Bergischen.

Sebastian Hinze

An einem einmal gefassten Plan festhalten und ihn auch gegen Widerstände verteidigen, das hat er vom ehemaligen HCW-Bundesliga-Trainer Viggo Sigurdsson gelernt, unter dem er noch als junger Spieler trainieren durfte. Und auch im privaten Leben mag Hinze das Alte, Ursprüngliche, aus dem sich gern Neues entwickeln lässt.

„Welche Stadt hat schon so viele schöne alte Häuser wie Wuppertal? Ich finde es toll, dass sie erhalten bleiben, auch wenn ich manchmal nicht verstehen kann, welche Fesseln die Vorschriften den Besitzern anlegen.“ Regelrecht begeistert ist er, was am Arrenberg aus der ehemaligen Industriebebauung heraus entstanden ist, mit privaten Visionen für neuen Arbeits-, Wohn-und Freizeitraum. Das Balu in der Quellenstraße, das einst zu Studentenzeiten (Hinze studierte Wirtschaft an der Fernuni Hagen) seine Lieblingskneipe war, gibt es immer noch.

In die Elberfelder City verschlägt es ihn trotz der Nähe nur selten. „Das ist mir zu hektisch, und wenn ich mal da bin, empfinde ich die Schnelllebigkeit, in der sich die Geschäftswelt dort immer wieder verändert“, sagt Hinze. Er meine das wertfrei, mag aber mehr die kleinen Läden im Luisenviertel. Zum Luisenfest darf es dann gern auch mal etwas Trubel sein.

Wuppertal insgesamt sieht er auf einem guten Weg, nennt Leuchtturmprojekte wie die Junior Uni, das Pina-Bausch-Theater, die Schwebebahn und den neuen Döppersberg, auch wenn der sich durch die B-7-Sperrung durch Staus am Robert-Daum-Platz auch auf seinen Weg zum Training in der Uni-Halle auswirkt. „Klar betrifft die Sperrung der Talachse dort fast jeden, aber ich glaube, in zehn Jahren denkt niemand mehr daran, sondern freut sich, dass ein neues Eingangstor zur Stadt geschaffen wurde“, ist Hinze überzeugt.

Apropos neu: Bis vor kurzem war die Nordbahntrasse als Fahrrad und Freizeitweg für den überzeugten Wuppertaler noch Neuland, obwohl es für ihn von zu Hause nur ein Katzensprung bis zum Einstiegspunkt am Bahnhof Ottenbruch ist. Die Sperrung der A 46 zur Aufbringung des Flüsterasphalts änderte das abrupt. Er entschied sich, mit dem Fahrrad zu einem Besprechungstermin am Helios Klinikum - natürlich in Sachen Handball - zu fahren und war völlig überrascht, wie problemlos das ging. „Ich war eine halbe Stunde zu früh. Später bin ich dann die ganze Trasse zwischen Oberbarmen und Vohwinkel abgefahren. Toll, was da entstanden ist.“

Toll findet Hinze auch den neuen Flüsterasphalt, der nun auf der A-46 seinen Weg zu den Trainingseinheiten in Solingen komfortabler macht. Im Luisenviertel darf es dann gerne das ursprüngliche Kopfsteinpflaster sein. Dorthin geht es sowieso zu Fuß und mit ganz viel Ruhe.