Hitze: Die Sprockhöveler Landwirte bleiben gelassen
In der Region sei zwar nicht mit einer tollen Ernte zu rechnen, auf finanzielle Hilfen der Bundesregierung sei man aber nicht angewiesen.
Gennebreck. Die hohen Temperaturen bringen nicht nur Menschen ins Schwitzen, sie belasten auch die Natur und die Tiere. Und sie wirken sich auf die Ernte aus. Laut Bauernverband beklagen die meisten Landwirte so herbe Verluste, dass sie von der Bundesregierung finanzielle Hilfen fordern.
In Sprockhövel können die Bauern damit wenig anfangen. „Natürlich kann ich nur für mich reden, aber hier bei uns in Sprockhövel ist alles noch gut“, sagt Karl-Friedrich Wilhelm Isenberg auf WZ-Anfrage. Er verweist darauf, dass die Situation für seine Kollegen im Osten wesentlich schwieriger ist. Isenberg hat außer seinen Grünfeldern an der Barmer Straße auch noch zwei Betriebe in der ostdeutschen Region übernommen. „Dort ist die Hitze verheerend“, sagt der 73-Jährige. Er selbst würde aktuell keine Hilfen vom Bund beanspruchen.
Auch Dirk Gelbrich — ebenfalls Landwirt in Gennebreck — hält die Forderung zumindest für etwas überzogen. „Im allgemeinen ist die Lage sicherlich nicht existenziell“, sagt der Getreidebauer und Milchviehhändler. Außerdem glaubt der 54-Jährige ohnehin nicht daran, dass die Regierung in dieser Angelegenheit mit sich reden lässt. Auf die Hilfe vom Bund zählt der Bauer in der dritten Generation schon aufgrund seiner Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht.
Dabei erinnert der Besitzer von je 125 Milchkühen und Jungtieren an die Milchpreiskrise vor drei Jahren, die aus seiner Sicht wesentlich bedrohlicher war als jetzt die Hitze. „Da standen wir nur einen Monat vor der Insolvenz. Da haben sie uns auch nicht geholfen“, spricht Gelbricht von der damals rund 27 Monate andauernden Krise, die nur durch Verzehr der Rücklagen und Kredite überbrückt werden konnte. Außerdem sei durch die drei unwetterartigen Regengüsse in den vergangenen Monaten genug Wasser auf die Erde gefallen. Wenigstens fiel dadurch die Erdbeerernte ordentlich aus.
Einig sind sich die beiden Sprockhöveler darüber, dass die Hitze die Tiere und Natur ebenso belastet wie Menschen. „Obwohl die Ställe zum Teil klimatisiert und mit Duschen versehen sind, sind die Tiere durch das Wetter gestresst. Das wiederum hat auf den Milchertrag Einfluss. Wir haben rund ein Drittel weniger Milch produziert“, berichtet Gelbrich. Die Jungtiere könnten immerhin wenigstens nachts, wenn die Temperaturen etwas gesunken sind, ins Freie.
Auch auf den Feldern macht sich das Wetter bemerkbar: „Es wird wohl keine tolle Ernte geben“, blickt Isenberg voraus. Er hat bisher nur Grünflächen, die er allerdings binnen fünf Jahren wieder zurückwickeln muss. „Das ist europäisches Gesetz“, sagt Isenberg, der die Fläche sonst als Dauergrünfläche nicht mehr bearbeiten dürfte.
Sorgen haben Sprockhövels Landwirte aber auch in Bezug auf ein anderes Thema: die drohende Futterknappheit, die sich besonders im Winter zeigen könnte. Bislang hätten die Bauern kaum Erfahrungswerte, weil es das so noch nicht gegeben hat. Nicht mal die älteren Sprockhöveler Bauern kennen so eine Phase. „Hitzeperioden gab es immer wieder mal. Aber nie zu so einer frühen Zeit“, sagt Karl-Heinz Gelbrich. Also kann nicht mal der 80-Jährige seinem Sohn im Familienhof gescheite Tipps geben. „Eine Möglichkeit wäre, dass wir uns an den Resten der Lebensmittel bedienen“, spricht Gelbrich davon, dass zur Not beispielsweise die Schalen der Kartoffeln von Pommesherstellern helfen könnten. Aber auch die sind ja in diesem Sommer weniger geerntet worden. „Im Frühjahr werden wir wohl um eine Erfahrung reicher sein und dann können wir Ihnen sagen, wie wir es geschafft haben“, sagen Gelbrich und Isenberg optimistisch.