Ideologischer Firlefanz
Was kann eine Stadt tun? Was muss eine Stadt tun? Was überlässt sie besser Leuten, die davon mehr verstehen? Am Montag entscheidet der Stadtrat über die Zukunft der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG).
Sie ist ohne jeden Zweifel das Schmuddelkind unter den Töchtern der Stadt, verraten und verkauft von korrupten Ratsleuten und Geschäftsführern, mit weit mehr als 300 Millionen Euro Schulden und mit heute noch knapp 80 Beschäftigten, die seit Jahren um ihre Arbeitsplätze bangen müssen.
Vieles spricht dafür, dass die Mehrheit der Mandatsträger am Montag ihre Hand für die Rettung der GWG heben. SPD und auch die CDU im Rat haben bereits bekundet, dem insgesamt 54 Millionen Euro teuren Rettungspaket ihren Segen zu geben. Die endgültige Entscheidung darüber fällt zwar erst im November, wenn der Haushalt verabschiedet wird. Aber die Weichen werden am Montag gestellt.
Dabei bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Richtung die richtige sein wird. Mit ihren knapp 6000 Wohnungen ist die GWG kein beeinflussender Faktor mehr am Immobilienmarkt der Stadt. Diesen Status hat das Unternehmen verloren, als vor Jahren Tausende von Wohnungen verkauft wurden, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Auch für die Beschaffung von Sozialwohnungen wird die GWG nicht mehr unbedingt benötigt. Die Lage am Mietmarkt ist entspannt, Wuppertal verfügt über viel schönen und auch bezahlbaren Wohnraum. Härtefälle ließen sich vermutlich problemlos über andere Wohnungsgesellschaften beseitigen.
Ebenso unbedeutend ist die GWG für den Wohnungsbau in Wuppertal. Sie hat seit Jahren keinen Stein mehr auf den anderen gesetzt. Und auch als Auftragsbeschaffer für das heimische Handwerk taugt sie angesichts ihres immensen Sanierungsstaus nicht mehr. Dass die Mittel dafür künftig auch noch weiter beschnitten werden sollen, mindert den Nutzen der Gesellschaft weiter.
Dass die FDP im Stadtrat den Verkauf des Unternehmenstorsos fordert, mag am liberalen „Privat vor Staat“-Fetischismus liegen. Aber abgesehen von solchen ideologischen Steckenpferdchen ist die Frage berechtigt, ob das Ende mit Schrecken nicht viel besser wäre als der Schrecken ohne Ende. In diesem Fall hätten Beschäftigte eine Suppe auszulöffeln, die ihnen Kriminelle vor 25 Jahren einbrockten. Schön wäre das nicht. Aber wäre es deshalb falsch?
Die Stadt Wuppertal steht heute unter anderem vor dem Problem, eine ziemlich erbärmliche Betreuungsquote für unter drei Jahre alte Kinder zu haben. Gebäude und Straßen sind teils in einem erschreckenden Zustand. Die Personaldecke im Rathaus ist so kurz, dass in vielen Abteilungen Frieren die Hauptbeschäftigung ist. Da wiegt es schwer, dass die Stadt sich noch einmal zusätzlich zwei Millionen Euro jährlich aufbürden will, um letztlich vielleicht nur den Sterbeprozess der GWG zu verlängern.
Aus solchen Gründen sollten die Ratsleute am Montag gut nachdenken, ob sie es verantworten können, für diesen Plan die Hand zu heben. Es geht schließlich nicht um sozialdemokratische Spielwiesen, die mit Unterstützung christdemokratischer Aushilfsgärtner auf schön getrimmt werden sollen, es geht auch nicht um Würstchenbuden auf dem Neumarkt. Es geht um 80 Menschen, es geht um 54 Millionen Euro, es geht um die Aufgabe, das wenige Geld in der Kasse bestmöglich einzusetzen. Das ist wichtiger als politisch- ideologischer Firlefanz.