Im Fall Wilbert gegen Hessen: Ortstermin am Trümmerhaus
Der Cronenberger hat das Land Hessen verklagt. Die Hessen haben der Stadt Wuppertal und dem Technischen Hilfswerk den Streit verkündet.
Wuppertal. Wolfgang Wilbert erwartet im kommenden Jahr ungewöhnlichen Besuch. Das Landgericht Wuppertal hat im Rechtsstreit Wilbert gegen das Land Hessen für den 9. Februar an seinem Haus am Vorderdohr 44 in Cronenberg einen Güte- und Verhandlungstermin angesetzt. Ursprünglich sollte der Streit um Abrissarbeiten am benachbarten Schrotthaus am 21. Januar im Landgericht verhandelt werden.
Für Brisanz ist gesorgt, denn das Land Hessen ist nicht nur Beklagter, sondern hat der Stadt Wuppertal und der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) den Streit verkündet — so heißt das auf Juristendeutsch.
Für Wolfgang Wilbert nahm das Unheil im April 2014 seinen Lauf, als er die Stadt um Hilfe bat. Wilbert bewohnt einen Teil eines kleinen Doppel-Fachwerkhauses. Das Nachbarhaus Vorderdohr 40 steht bereits seit Jahren leer und drohte einzustürzen. Die Stadt gab den Auftrag zur Sicherung des Gebäudes an das Technische Hilfswerk weiter, das aus dem Abtragen des Dachstuhls eine Übung machte. „Die Leute vom THW rückten am 31. Mai 2014 mit schwerem Gerät an und brachten das Dach zum Einsturz. Seitdem grenzt mein Haus an einen Trümmerhaufen. Fast jede Nacht sind dort Tiere unterwegs“, sagt Wolfgang Wilbert. Ein Dachdecker half ihm, den Giebel abzudichten. Als er die Stadt bat, die Trümmer wegzuräumen, lehnte die das mit Hinweis auf den „fachgerechten Abriss“ ab. Zudem sei das Land Hessen Eigentümer.
Der Besitzer der Bauruine war vor Jahren in Hessen gestorben. Alle in Frage kommenden gesetzlichen Erben hatten die Erbschaft wirksam ausgeschlossen. Somit fiel die Immobilie Vorderdohr 40 an den Fiskus des Landes Hessen. Das Hessische Immobilienmanagement versuchte, Haus und Grundstück zu versteigern, aber es fand sich bisher kein Käufer. Das Grundstück wird mit einem Verkehrswert von 9000 Euro angesetzt.
„Hätte ich keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, könnte ich mich gar nicht wehren“, sagt Wolfgang Wilbert, der die Kanzlei Wupperadvokaten einschaltete. Sein Rechtsanwalt Elmar Weber begrüßt, dass das Gericht die Situation Am Vorderdohr in Augenschein nehmen will. „Wir behalten uns vor, Schadensersatzansprüche bei der Stadt und beim THW einzuklagen“, sagt Weber. Sein Mandant dürfe ja nicht einmal den Schutt wegräumen, wenn er es wollte. Wolfgang Wilbert hat die Kosten eines Komplett-Abrisses schätzen lassen: 21 000 Euro.
Eine vom Land Hessen beauftragte Wuppertaler Anwaltskanzlei hatte beim Landgericht beantragt, die Klage abzuweisen.
Fußnote am Rande: Für den laut Rechnung „zehn Stunden dauernden Einsatz“ hat das THW von der Stadt 982,54 Euro gefordert. Die Stadt hat die Rechnung im Sommer 2014 bezahlt und das Land Hessen anschließend um Kostenersatz gebeten.