Elterntelefon hilft bei Stress mit Kindern

Seit 20 Jahren beraten Ehrenamtler des Kinderschutzbundes bei Schulproblemen oder Aggressivität.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Die Medien haben sich verändert, doch die Grundthemen des Elterntelefons bleiben die gleichen: Schulprobleme, Unsicherheit der Eltern, Aggressivität der Jugendlichen, Fragen zur Entwicklung der Kinder. Vor 20 Jahren hat mit dem „Eltern-Stress-Telefon“ des Wuppertaler Kinderschutzbunds eines der ersten Beratungstelefone in NRW seine Arbeit aufgenommen.

„Heute haben wir mehr schwere Fälle“, sagt Rüdiger S. Der Senior sitzt regelmäßig am Elterntelefon. Um dort die Anonymität zu wahren, will er seinen Namen nicht veröffentlichen. Er erlebte schon verzweifelte Eltern, deren Kinder sich ritzen oder Drogen nehmen oder solche, die von ihren Halbwüchsigen bedroht werden. „Aber wenn am Ende jemand sagt: Dankeschön, dass Sie mir zugehört haben — dann habe ich ein gutes Gefühl“, erzählt Rüdiger S.

„Meistens gibt es einen konkreten Anlass, etwa einen Streit am Vormittag oder einen Anruf der Schule — dann rufen die Eltern an“, berichtet Kerstin Holzmann, Koordinatorin des Elterntelefons.

Als sich 2001 die Ortsgruppen zum bundesweiten Elterntelefon zusammenschlossen, vereinheitlichten sie die Öffnungszeiten. Wer vom Wuppertaler Festnetz aus anruft, landet auch in Wuppertal. Handy-Anrufer werden an irgendeine freie Stelle geleitet. „Deshalb können wir im Computer Beratungsstellen für jeden Ort heraussuchen“, erklärt Rüdiger S. Die Wuppertaler Ansprechpartner kann er von einer Pinnwand im kleinen, gemütlichen Zimmer ablesen.

Damit die Ehrenamtler für jeden Anruf gewappnet sind, absolvieren sie zunächst eine 100-stündige Ausbildung. Dort setzen sie sich mit Rollen in der Familie, Erziehungsmethoden, Sexualität, Tod und Selbstmordgedanken auseinander.

Der Kinderschutzbund finanziert die Ausbildung, verlangt dafür eine Verpflichtung, mindestens zwei Jahre lang am Eltern- oder Kindertelefon zu helfen. Regelmäßig gibt es Supervision, um die manchmal belastenden Gespräche zu verarbeiten.

Während früher viele Eltern Probleme mit ihren Kindern in der Trotzphase hatten, suchen heute vor allem Eltern pubertierender Jugendlicher Rat. Drei Viertel der Anrufer sind Frauen. „Männer melden sich hauptsächlich bei Problemen mit dem Sorge- oder Umgangsrecht“, sagt Kerstin Holzmann.

Auch Großeltern rufen an, besonders wenn sich ihre Kinder trennen und sie sich Sorgen um die Enkel machen. Viele sind froh, wenn sie anonym einfach reden können; manche wollen auch konkrete Informationen. „Aber wir machen keine Rechtsberatung“, betont Rüdiger S. Cybermobbing hingegen sei eher selten ein Thema, sagen die Ehrenamtler.

Wenn sie dann am Telefon merken, dass ihr Gesprächspartner beginnt, Konflikte mit dem Kind zu relativieren und über einen kleinen ersten Schritt nachzudenken — dann wissen sie, dass sie schon viel erreicht haben.