Im Selbstversuch über Hindernisse
Die WZ hat die neue Parkour-Anlage am alten Bahnhof getestet. Am Samstag geht es auch offiziell los.
Wichlinghausen. Am alten Wichlinghauser Bahnhof steht seit Beginn des Jahres eine besondere Attraktion: Die größte Parkoursport-Anlage Deutschlands. Wer auf der Nordbahntrasse spazieren geht, kann schon seit einiger Zeit Sportler über Mauern springen und an Wänden hoch laufen sehen. Am Samstag steigt die große Eröffnungsfeier für die Anlage (siehe Kasten). Grund genug, die Trendsportart vorher einmal auszuprobieren.
Sebastian Gies ist Traceur — so heißen die Parlour-Sportler — und kennt die Anlage in- und auswendig Schließlich war er von Anfang an bei der Planung dabei und ist somit für meinen ersten Parkour-Versuch auf jeden Fall der richtige Trainer. „Wir fangen mit den leichten Sachen an“, sagt Gies. Allerdings sind solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen, denn er springt mit etwa der gleichen Leichtigkeit auf eine zwei Meter hohe Mauer wie ich auf eine Bordsteinkante.
Erste Lektion: Abrollen. „Wenn man aus großen Höhen springt, können die Fußgelenke das nicht abfedern. Deshalb rollt man sich ab.“ Mit seiner eleganten Version des Purzelbaums rollt Gies über den gummierten Boden. Nach ein paar Versuchen klappt es auch bei mir. „Meistens ist es besser, wenn man gar nicht drüber nachdenkt, wie das genau geht“, so Gies. Diese Erfahrung mache ich noch häufiger: Einmal gemacht, sind die Sprünge oft gar nicht so schwer, es ist mehr die erste Überwindung. Was, wenn es nicht klappt? Was, wenn ich mir ein Bein breche?
Zum Glück bricht an diesem Nachmittag nichts und bald habe ich die Grundlagen der Überwindung von (niedrigen) Hindernissen gelernt. Sogar die 360-Grad-Drehung beim Sprung über eine Steinmauer klappt. „Na dann laufen wir jetzt mal die Wand da hoch“, sagt Gies und ich hoffe, dass er eine kleine Wand meint, die irgendwo hinter dem riesigen Betonmonster steht, auf das er zeigt. Meint er nicht.
Bei den ersten Versuchen rutsche ich an der Wand herunter wie eine Hummel, die gegen eine Scheibe geflogen ist. „Ramm die Füße in die Wand, nicht dagegen stemmen“, feuert Gies mich an und tatsächlich: Nach einiger Zeit berühren meine Fingerspitzen die Oberkante der Mauer. Von diesem Triumph beflügelt schaffe ich dann sogar noch den „Demi-Tour“, einen Sprung mit 180-Grad-Drehung, über eine höhere Mauer.
Fazit: Parkour kann einem beim Zusehen schon Angst einflößen, aber ausprobieren lohnt sich. Denn auch auf niedrigem Level hat man schnell kleine Erfolgserlebnisse. Und es macht so viel Spaß, dass man die Anstrengung kaum bemerkt. Zumindest bis zum nächsten Morgen: Selbst Treppenlaufen wird da zur Herausforderung. Gies: „Tja, das heißt, dass man an seine Grenzen gegangen ist. Und so soll es ja sein beim Parkour.“