Junger Ghanaer wagt Neustart in Vohwinkel

Morris Owusu kam im vergangenen Jahr ohne Begleitung nach Wuppertal. Inzwischen ist er volljährig und absolviert eine Tischlerlehre.

Foto: Stefan Fries

Vohwinkel. Hauptschulabschluss mit guten und sehr guten Noten, Weiterbildungsmaßnahmen und Ausbildungsbeginn in einem Vohwinkeler Tischlereibetrieb. Es ist ein erfolgreicher Berufseinstieg, auf den ein junger Mensch mit Recht stolz sein kann. Morris Owusu musste für diese positive Entwicklung aber ganz besondere Herausforderungen meistern. Der 18-Jährige kommt aus Ghana und lebt seit 2014 als unbegleiteter Flüchtling in Wuppertal. Mit viel Ehrgeiz und Fleiß konnte er bisher seine Ziele verwirklichen. Die Chance des Ausbildungsstarts im vergangenen Jahr will er in jeden Fall nutzen.

„Es macht mir großen Spaß, mit Holz umzugehen“, sagt der vor kurzem volljährig gewordene junge Mann. Er wirkt zunächst etwas schüchtern, doch als er von seiner Arbeit erzählt, beginnen seine Augen zu strahlen. Deutsch kann Morris mittlerweile fließend sprechen. Nur die Fachbegriffe fallen ihm noch schwer. Dafür bekommt er spezielle Nachhilfe durch ein Förderprogramm. Die entsprechenden Kurse absolviert der junge Flüchtling zusätzlich zur Tätigkeit im Betrieb und zur Berufsschule. „Wir merken, dass er sehr motiviert ist und haben auch gute Rückmeldungen von seinen Kollegen“, sagt Jens Schütt. Er ist Geschäftsführer der Tischlerei Knoche. Das Vohwinkeler Familienunternehmen hat 23 Mitarbeiter und zwei Ausbildungsstellen. Eine davon bekam Morris Owusu. Zunächst musste er sich allerdings bewähren. „Wir sind durch ein Projekt des Wichernhauses auf ihn aufmerksam geworden“, berichtet Schütt. Bereits bei der Weiterbildung im Berufskolleg am Haspel hatte Morris in das Tischlerhandwerk hineingeschnuppert. Der Betrieb im Stadtteil bot dem Jugendlichen schließlich ein Praktikum an.

Die Entscheidung hat sich für die Tischlerei gelohnt. „Für uns war das schon ein großes Experiment“, räumt Schütt ein. „Wir wussten ja nicht, wie die Mitarbeiter reagieren und wie die Zusammenarbeit langfristig funktioniert“, sagt der Geschäftsführer. Er erwartet auch von Morris eine gehörige Portion Leistungsbereitschaft. „Wir können es uns nicht leisten, einen Ausbildungsplatz aus rein karitativen Gründen zu vergeben“, stellt Schütt klar. Doch die Erfahrungen der ersten Monate seien durchweg positiv gewesen. Seine Kollegen bescheinigen Morris Owusu eine schnelle Auffassungsgabe und Geschick bei der Arbeit mit Holz.

„Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt auch der 18-Jährige. Mit seiner ruhigen und bescheidenen Art konnte er sich gut in den Betrieb einfügen. Sichtlich aufgewühlt wird der junge Afrikaner allerdings, wenn er von seiner Vergangenheit in Afrika erzählt. Seine Mutter starb vor fünf Jahren an einer schweren Krankheit. Zu seinem Vater hatte Morris wenig Kontakt. Auch dieser lebt inzwischen nicht mehr. Die genauen Umstände seines Todes kennt Morris nicht. Als Vollwaise wurde er mit seinen zwei Geschwistern von Familie zu Familie gereicht. Am Ende lernte er einen Helfer kennen, der ihm ein Flugticket nach Spanien finanzierte. Von dort kam er per Zug nach Deutschland. Seine lange Reise endete in Wuppertal. Dort wendete sich Morris an die Polizei, die ihrerseits die Ausländerbehörde einschaltete. Morris Owuwu lebte nach einer kurzen Übergangszeit in einer Wohngruppe mit Betreuung. Kontakte nach Afrika sind selten geworden.

Vor wenigen Wochen musste der 18-Jährige einen weiteren Schicksalsschlag verkraften. Auch seine Schwester ist gestorben. Bei aller Trauer möchte Morris nach vorn schauen. Jetzt sucht er eine kleine möblierte Wohnung, da er mit seiner Volljährigkeit aus der Wohngruppe ausziehen muss.

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